Kostspieliger Skype-Trojaner für die bayerische Justiz Bayerische Ermittlungsbehörden belauschen VoIP-Telefonate
Einem vom Chaos Computer Club und Wikileaks veröffentlichten Dokument zufolge, lässt sich der Freistaat Bayern das Abhören von Skype-Telefonaten einiges kosten. Ein beigefügtes Angebot der hessischen Firma DigiTask beziffert den Mietpreis für eine „Capture Unit“ auf 3.500 Euro monatlich zuzüglich einmaliger Installationskosten in Höhe von 2.500 Euro.
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Skype-Telefonate sind offenbar nicht vor mithörenden Regierungsstellen sicher: Der Chaos Computer Club (CCC) sowie die Webseite Wikileaks veröffentlichten ein Dokument des Bayerischen Justizministeriums, das sich um die Kostenverteilung einer VoIP-Überwachungsmaßnahme zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Strafverfahrens dreht.
Brisantes Detail ist ein beigefügtes umfangreiches Angebot der Firma DigiTask. Es enthält Preise für Skype-Abhörmaßnahmen und bestätigt zudem, dass selbst verschlüsselte VoIP-Gespräche dechiffrierbar und damit nicht abhörsicher sind. Pro Monat und Maßnahme verlangt DigiTask einen Mietpreis von 3.500 Euro für eine spezielle Skype-Capture-Software, die wie ein Trojaner auf dem Zielsystem landet. Zusätzlich fallen einmalig 2.500 Euro für Installationskosten und weitere 2.500 Euro pro Monat für die SSL-Dekodierung an.
Unbemerkte Mithörer
Allerdings betont DigiTask, dass Skype-Gespräche aufgrund der 256-Bit-AES-Verschlüsselung nicht direkt zu dechiffrieren sind. Deshalb sei Capture-Software notwendig, um Voice- und Chat-Datenströme an einen anonymen Recording-Proxy auszuleiten. Um die Bandbreite der dabei übertragenen Daten möglichst gering zu halten, werden sie mittels eines speziellen Codecs stark komprimiert.
Die Capture-Unit ermöglicht praktisch den kompletten Zugriff auf alle Skype-Inhalte inklusive Buddy-Liste. Sie bringt sich unbemerkt über den normalen Datenstrom auf den neuesten Stand. Auf gleiche Weise kann die Software deinstalliert werden, alternativ löscht sich das Programm nach Ablauf eines Zeitlimits automatisch.
„Man in the Middle“ ermöglicht SSL-Dechiffrierung
DigiTask macht die SSL-Dekodierung durch einen „Man in the Middle“-Angriff auf den Zielrechner möglich. Schlüssel und Metadaten werden dabei unbemerkt ausgeleitet und auf dem Überwachungsserver zur Entschlüsselung des aufgezeichneten SSL-Datenverkehrs genutzt. Dies funktioniert laut DigiTask aber derzeit nur auf Basis der Browser Internet Explorer oder Firefox. Zudem ist die Capture Unit nur unter Windows 2000 oder XP lauffähig.
Inwiefern die Dokumente authentisch sind, ist unklar. Der CCC hält die Papiere für glaubwürdig. Gegenüber Security-Insider.de konnte ein Pressesprecher des Bayerischen Staatsministeriums für Jusitz die Echtheit der Papiere weder bestätigen noch dementieren. Er betonte allerdings, dass die Überwachung von Internet- und herkömmlichen Telefongesprächen bei schweren Straftaten und unter strengen Auflagen rechtlich zulässig sei. Parallelen zur vieldiskutierten Online-Durchsuchung („Bundestrojaner“) dürften hier nicht gezogen werden. Der Pressesprecher wies zudem ausdrücklich darauf hin, dass Online-Durchsuchungen nur nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss zulässig sind.
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