Künstliche Intelligenz und smarte Verträge Blockchain versus künstliche Intelligenz im Vertragsmanagement

Von Robin Schmeisser

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Blockchain und künstliche Intelligenz. Zwei Technologien, die auch im Kontext mit Verträgen für Aufsehen sorgen. Auf welche Anwendungsfälle zielen diese ab, und welche Vorteile können sich Unternehmen erwarten? Ist der Fokus auf eine Technologie ausreichend, oder sollte man auf beide setzen, um smarte Verträge und intelligentes Vertragsmanagement zu erreichen?

In einem intelligenten Vertragsmanagement können Smart Contracts auch ohne die Blockchain existieren.
In einem intelligenten Vertragsmanagement können Smart Contracts auch ohne die Blockchain existieren.
(© thodonal - stock.adobe.com)

Ein „Smart Contract“ ist kein Vertrag – kein Vertrag im Sinne eines klug verhandelten Dokuments. Tatsächlich handelt es sich bei Smart Contracts um kleine Programmprotokolle auf der Blockchain. Diese bilden nichts anderes als ein digitales Quidproquo ab. Die Erfüllung des Kernelements einer vertraglichen Vereinbarung, übersetzt in Programmcode. Eingebettet in die Blockchain, realisieren Smart Contracts alle Vorteile, die diese zu bieten hat. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bezeichnet Blockchains als fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, die Transaktionen in chronologischer Reihenfolge nachvollziehbar und unveränderlich protokollieren. Aufgrund der dezentralen Speicherung verfügen alle Teilnehmer über die komplette Blockchain. Jedem Teilnehmer eines Blockchain-Netzwerks liegen jederzeit alle Transaktionen transparent vor. Bedeutsame Aspekte, da es bei Verträgen um sensible Informationen geht.

Smarte Verträge digitalisieren somit äußerst sicher vertraglich geregelte Interaktionen, ohne dass es dazu handelnder Personen bedarf. Der Programmcode ersetzt den Intermediär. Die Technologie ist noch relativ jung und eröffnet ein breites Anwendungsspektrum, Tendenz steigend. Gängige Use Cases von Smart Contracts finden sich beispielsweise im Onlinehandel, im Handel mit Energiezertifikaten, in der Abwicklung von Versicherungsfällen bei Flugverspätungen oder der Vergabe von Krediten.

Alle Anwendungsfälle haben zwei Merkmale gemein:

  • 1. Der Fokus dabei liegt auf der Automatisierung von Transaktionen, die aus Verträgen resultieren oder das Zustandekommen eines Vertrages an sich darstellen.
  • 2. Smarte Verträge benötigen Informationen, die digital zur Verfügung stehen. Somit setzen diese auf einer (bereits) digitalisierten Vertragswelt auf.

Künstliche Intelligenz und Verträge

Während smarte Verträge auf die Automatisierung von Abläufen fokussieren, richtet die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) den Blick auf die Inhalte der tatsächlichen Kontrakte wie wir sie kennen. Konkret geht es darum, Vertragsinhalte zu verstehen und diese digital nutzbar zu machen. Das minimiert Risiken und eliminiert manuellen Aufwand. Um die daraus resultierenden Möglichkeiten für das Vertragsmanagement einzuordnen, ist es wichtig nachzuvollziehen, wie sich die Methodik aus technischer Perspektive gestaltet:

  • 1. In der Praxis liegen Verträge häufig eingescannt vor. „Optical Character Recognition“ (OCR) macht im ersten Schritt die Dokumente maschinell lesbar. Erst darauf kann die künstliche Intelligenz aufsetzen und die Vertragsinhalte analysieren und verstehen.
  • 2. Verstehen muss erlernt werden, das gilt auch für die künstliche Intelligenz. Durch umfassendes Training sind neuronale Netze in der Lage, vertragliche Klauseln zu erkennen. Da Vertragsinhalte in beliebiger Form vorkommen, liegt in Umfang, Datenset und Setup des Trainings die zentrale Herausforderung. Um negative Trainingseffekte zu reduzieren, nutzen fortgeschrittene Vertragsanwendungen neben der künstlichen Intelligenz zugleich auch regelbasierte Ansätze für das Erkennen von Metadaten. Die Notwendigkeit, für kaum gebräuchliche und komplexe Verklausulierungen inhaltliches Verständnis aufzubauen, reduziert sich dadurch erheblich. Die KI kann fokussiert trainieren. Gleichzeitig steigert sich die Qualität der Ergebnisse.
  • 3. Am Ende des Prozesses stellt die künstliche Intelligenz die erkannten Vertragsdaten als Extrakt zur weiteren Nutzung bereit.
  • 4. Nun sind darauf aufbauend verschiedene Anwendungsszenarien denkbar, mit unterschiedlichem Reifegrad.

Modelle zur Bewertung unternehmensspezifischer Risiken – Abweichungsanalyse auf Klauselebene zu bestehenden Standards – erfordern derzeit noch hohen Trainingsaufwand im Kontext des jeweiligen Unternehmens und dessen Vertragsdokumenten. Verwandte Szenarien, die auf die Automatisierung inhaltlicher Bewertung abzielen, sind ähnlich einzuschätzen und bedingen umfangreiche, ressourcenbindende Data Science Projekte.

Anders verhält es sich bei der Weiterverwendung extrahierter Daten für die unmittelbare Nutzung im Vertragsmanagement. Vor allem zwei Ansätze bieten hier hohen Mehrwert.

„Actionable Information“ beschreibt die Möglichkeit, anhand extrahierter Daten Workflows oder Prozesse auszulösen. Wenn beispielsweise eine Vertragssumme einen festgelegten Betrag überschreitet, sendet die Vertragsmanagementsoftware automatisch eine Nachricht oder Warnung. In diesem Anwendungsfeld sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, Informationen aus Kontrakten zur automatisierten Steuerung von Aktivitäten heranzuziehen.

Der weitere Anwendungsfall konzentriert sich auf die Vertragsverwaltung an sich. Um Verträge effizient zu verwalten, benötigen Anwender vor allem Daten wie Vertragspartner, Termine und Fristen sowie Vertragssummen. Sind diese extrahiert, ist es nicht weiter schwierig, eine digitale Vertragsmanagementsoftware mit diesen Informationen zu bestücken. Damit automatisiert die künstliche Intelligenz wiederkehrende manuelle Abläufe, etwa die Erfassung von Vertragsdaten einerseits. Andererseits beschleunigt die künstliche Intelligenz die Digitalisierung bestehender Vertragsbestände. Da Optical Character Recognition Dokumentinhalte lesbar macht, ergibt sich für das Auffinden von Informationen in Echtzeit ein weiterer Anwendungsfall: Intelligente semantische Volltextsuchen ermöglichen die Sicht in jegliches Vertragsdetail und optimieren durch den Einsatz künstlicher Intelligenz auch die Reihenfolge von Suchergebnissen.

Welche Technologie bringt den größeren Nutzen für das Vertragsmanagement?

Smart Contracts und künstliche Intelligenz stehen also mit unterschiedlichen Anwendungsfällen jeweils für sich. Während Smart Contracts Transaktionen automatisieren und dabei digitalisierte Informationen bedingen, kann die Nutzung künstlicher Intelligenz den Weg in ein digitales Vertragsmanagement ebnen. Zentrale Vorteile eines modernen Vertragsmanagements sind damit ressourcenschonend realisierbar:

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  • 1. Überblick über das gesamte Vertragsarchiv mittels Vertragslisten und Berichten
  • 2. Auffinden beliebiger Details und vertraglicher Klauseln durch semantische Volltextsuche
  • 3. Automatisierung des Fristenmanagements mit Erinnerungsfunktionalität
  • 4. Sichere und einfache Zusammenarbeit mit Partnern, beispielsweise im Zeichnungsprozess durch digitale Signaturen

Vor allem im Kontext der Zusammenarbeit mit externen Partnern spielt die Nachvollziehbarkeit und Transparenz aller Ereignisse eine große Rolle. Hier ergibt sich wieder der Anknüpfungspunkt zum Einsatz von Blockchain-Technologie. Lückenlos und fälschungssicher müssen Änderungen vorgehalten werden. Tatsächlich lassen sich daher Smart Contracts auch ohne Blockchain realisieren. State of the Art-Vertrags­management­lösungen erlauben ausschließlich den legitimierten und beglaubigten Datenzugriff, wodurch eine Vertrauensgrundlage gegeben ist. Revisionssichere Vertragsarchive dokumentieren infolge jegliche Änderungen. Alle Aktionen, Ereignisse sowie handelnde Akteure bleiben nachvollziehbar.

In einem intelligenten Vertragsmanagement existieren in diesem Sinne Smart Contracts auch ohne die Blockchain. Diese Technologie hat für die Verwaltung und Kontrolle der Verträge im Vergleich zur künstlichen Intelligenz derzeit eine untergeordnete Bedeutung.

Smart Contracts bieten enormes Potenzial, da Sie in der Lage sind, hochfrequente vertragliche Transaktionen zu automatisieren. An der Digitalisierung führt dazu kein Weg vorbei. Die Abkürzung dorthin ist die künstliche Intelligenz.

Über den Autor: Robin Schmeisser ist Digitalisierungsexperte für Vertragsmanagement bei Fabasoft.

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