Gesetz zur Software-Updatepflicht Bringt die Software-Updatepflicht neue Risiken für Unternehmen?

Von Dr. Lutz Keppeler

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Zum Jahreswechsel sind einige Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft getreten. Darunter sind auch Regeln zur Software-Updatepflicht von digitalen Produkten – diese Pflicht für Verkäufer kommt vielen Verbrauchern zugute. In der Theorie eine sehr gute Sache, es bleibt aber vor allem abzuwarten, für welchen Zeitraum ein Verbraucher (oder eine Verbraucherschutzzentrale) Updates einfordern kann.

Unternehmen, die digitale Produkte verkaufen, sind seit diesem Jahr verpflichtet, regelmäßig diese Produkte zu aktualisieren – unklar ist vor allem noch der Zeitraum.
Unternehmen, die digitale Produkte verkaufen, sind seit diesem Jahr verpflichtet, regelmäßig diese Produkte zu aktualisieren – unklar ist vor allem noch der Zeitraum.
(Bild: everythingpossible - stock.adobe.com)

Als sich Polit-Deutschland im Sommer 2021 schon im Wahlkampffieber befand, hat die Große Koalition als eine ihrer letzten Amtshandlungen eine wichtige EU-Richtlinie in nationales Recht überführt: Das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrages verpflichtet Unternehmen, die Produkte mit Software verkaufen, dafür Updates anzubieten, solange „der Verbraucher Aktualisierungen aufgrund der Art und des Zwecks der Sache erwarten könne”. Zu diesen Produkten zählen also Smartphones und andere Handys, aber auch Smartwatches, Fitnesstracker, Kühlschränke mit Bildschirmen und Bluetooth und persönliche, digitale Assistenten wie Google Home, der Apple HomePod oder Amazons Echo.

Bislang war die Rechtsprechung restriktiv: Selbst gegen den Verkauf eines Smartphones eines chinesischen Herstellers, welches noch nie ein Sicherheitsupdate erhalten hatte und im Zeitpunkt des Verkaufs etliche ernste Sicherheitslücken aufwies, konnte vor der Rechtsänderung vor Gericht nichts unternommen werden. Die deutschen Gerichte sahen weder Händler noch Hersteller in der Pflicht. Dies ändert sich jetzt grundlegend!

EU-Richtlinie in deutsches Gesetz gegossen

Hintergrund ist die EU-Warenkaufrichtlinie von 2019. Unternehmen, die digitale Produkte verkaufen, sind nun verpflichtet, regelmäßig diese Produkte zu aktualisieren – klassischerweise geht es hier um Handys oder Laptops, auf die der Hersteller immer wieder neue Versionen aufspielt. Dazu kommt, dass sowohl der Verkäufer als auch der Ausrüster der digitalen Produkte ihre Funktionsfähigkeit und die Sicherheit bezüglich der IT nach dem Verkauf gewährleisten. Wie lange konkret der Käufer diesen Anspruch erheben kann, ist nicht klar. Laut Gesetz gelte ein Zeitraum, innerhalb dessen regelmäßige Updates vom Verbraucher „als angemessen erwartet“ werden können. Man kann sagen: Mit der Richtlinie und der Überführung in deutsches Gesetz kommt das Vertragsrecht in der Bundesrepublik – endlich – im Zeitalter der Digitalisierung an.

Neue Regeln für Verbraucherverträge – neue Rechte für Verbraucher

Für Verbraucherverträge gibt es grundsätzlich neue Regeln. Sie sollen einheitliche Gewährleistungsrechte sicherstellen, wenn Verbraucher digitale Produkte wie Smartphone-Apps und Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime und Co. nutzen. Die „Regeln für Verbraucherverträge über digitale Produkte“ stehen als Teil des „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen“ nach der EU-Richtlinie 2019/770 im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Was bedeutet das konkret? Verbraucher haben nun Gewährleistungsrechte, die deutlich umfassender sind als zuvor. Konkret können sie durch die neuen Regeln Schadensersatzansprüche geltend machen, ihren Vertrag vorzeitig beenden oder einen Preisnachlass erzielen, wenn der Verkäufer die Regeln nicht erfüllt: Sie müssen stets dafür sorgen, dass ihre Produkte dank der Updates nach Vertragsvereinbarung nutzbar bleiben – dazu zählen auch Updates, die die Sicherheit des jeweiligen Produkts betreffen. Die Länge der Updates ist nicht genau festgelegt. Bei Abonnements – wie sie etwa bei Streaming-Diensten oder kostenpflichtigen App-Abos üblich sind – gilt die Verpflichtung so lange wie das Abonnement läuft. Bei klassischen Kaufverträgen greift – wie eingangs erwähnt – ein Zeitraum, der vom Verbraucher „als angemessen erwartet“ werden kann.

Gretchenfrage: Länge der Updatepflicht

Die genaue Länge der Updatepflicht hängt hier definitiv von der Art des Produkts und der Art des Vertrages ab: Wird zum Beispiel für die Nutzung einer App eine regelmäßige Vergütung verlangt, besteht die Updatepflicht für die volle Laufzeit des Vertrages. Bei dem Kauf eines smarten Devices kommt es mutmaßlich auf den zu erwartenden Lebenszyklus des Produktes an. Bei einem relativ günstigen Gerät mit einem geringen Risikopotenzial (etwa einem günstigen Fitnessarmband) kann man gut argumentieren, dass die Updatepflicht die Gewährleistungszeit nicht übersteigt. Bei einem teureren Gerät, welches man sich für eine längere Zeit anschafft (eventuell einen Rasenmähroboter oder einen smarten Staubsauger) kann man besser für eine längere Updatepflicht argumentieren. Teilweise wird vertreten, dass das Konzept der „Abschreibung“ herangezogen werden kann: Demnach muss eine Updatepflicht gelten, bis der Wert einer Sache buchhalterisch abgeschrieben ist. Ob diese für Unternehmen erdachte Konzept jedoch auf Verbraucherverträge herangezogen werden kann, bleibt fraglich. Klar ist: Bei teuren Hochrisikogeräten, wie etwa einem Herzschrittmacher dürften lange Updatezeiträume anzunehmen sein, die deutlich über die übliche Gewährleistungsfrist hinausgehen.

Wer klagt?

Verbraucher werden typischerweise erst dann auf die Idee kommen zu klagen, wenn sie selbst durch ein fehlendes Update einen Schaden erleiden (etwa, weil ein Hacker, der hohe Kosten verursacht, durch ein nicht-aktualisiertes smartes Gerät Zugang zum Heimnetzwerk erlangt hat). Abmahnen und Klagen können aber auch Verbraucherschutzzentralen oder Wettbewerber (die meinen, es besser zu machen). Klar ist jedenfalls: Ohne Rechtsprechung ist es für Unternehmen kaum möglich die gesetzlich geforderte Updatezeitraum präzise zu ermitteln. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber hier mehr Verständnis für die vielen Anbieter smarter Devices und Verbrauchersoftware gehabt und die Rechtsunsicherheit durch Verwenden eigener Beispiele erheblich reduziert hätte!

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Über den Autor: Dr. Lutz Keppeler ist Anwalt und Salaried Partner bei der Anwaltssozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek. Seine Schwerpunkte sind IT- und Kommunikationsrecht sowie Cybersicherheits-Angelegenheiten.

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