Diskussion um Datenverknüpfung, DSGVO und Marktmacht Bundeskartellamt maßregelt Facebook

Autor / Redakteur: M.A. Dirk Srocke / Peter Schmitz

Das Bundeskartellamt untersagt Facebook, Nutzerdaten ungefragt aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Das soziale Netzwerk protestiert gegen die Entscheidung und zweifelt an der Fachkenntnis der Behörde. Die bekommt derweil Rückendeckung vom Bundesdatenschutzbeauftragten.

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Das Bundeskartellamt steht in Kontakt mit Datenschützern.
Das Bundeskartellamt steht in Kontakt mit Datenschützern.
(Bild: Bundeskartellamt)

Darf Facebook Nutzerkonten mit Daten zusammenführen, die auf Drittseiten oder mit den konzerneigenen Diensten WhatsApp und Instagram gesammelt wurden? Darüber hat sich das Bundeskartellamt in einem drei Jahre dauernden Verfahren Gedanken gemacht und am 7. Februar 2019 seinen Schluss verkündet: Ja, aber nur nach freiwilliger Zustimmung des Nutzers.

Genau diese sieht das Bundeskartellamt aktuell nicht als gegeben an. Aus Sicht der Behörde könnten Anwender das soziale Netzwerk bislang nur unter der Voraussetzung nutzen, dass der Konzern Daten per Internet und Smartphone-Apps eben auch außerhalb der eigentlichen Facebook-Seite erhebt und Nutzerkonten zuordnet.

Der Internetkonzern habe nun zwölf Monate Zeit, den beanstandeten Sachverhalt abzustellen, das heißt: Freiwillige Einwilligungen von Nutzern einzuholen oder die Datenverarbeitung erheblich einzuschränken. Einen konkreten Umsetzungsplan erwartet die Wettbewerbsbehörde innerhalb von vier Monaten.

Facebook greift die Entscheidung derweil inhaltlich wie auch formal an.

Popularität vs. Marktbeherrschung

Das Bundeskartellamt wurde tätig, weil es eine marktbeherrschende Stellung Facebooks erkennt. Auf dem deutschen Markt habe der Anbieter einen Marktanteil von jeweils über 95 Prozent bei den täglichen und 80 Prozent bei den täglichen Nutzern. Konkurrierende Dienste wie Snapshat, YouTube, Twitter, LinkedIn oder Xing böten derweil nur einen Ausschnitt von Facebooks Angebot ab, und seien daher nicht in den relevanten Markt einzubeziehen.

Facebook kontert, dass Popularität und Marktbeherrschung nicht gleichzusetzen seien. Mit Bezug auf eine Umfrage des Bundeskartellamtes selbst betont der Anbieter, dass Facebook in Deutschland von über 40 Prozent der Nutzer sozialer Medien nicht genutzt werde.

Der Branchenverband BITKOM – Facebook ist hier übrigens Mitglied – warnt zudem vor negativen Auswirkungen auf kleinere Marktteilnehmer. Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder meint: „Einmal mehr wird der Versuch, eine große Plattform zu regulieren, vor allem negative Auswirkungen auf andere, kleinere Unternehmen, Verlage, Blogger und die Internet-Nutzer haben. So profitieren von Like-Buttons weniger die Unternehmen des Facebook-Konzerns, als vielmehr die zahlreichen Betreiber von Webseiten, die ihre Angebote mit Like-Buttons einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen.“

Zuständigkeiten Datenschutz vs. Kartellrecht

Zudem zweifelt Facebook die Kompetenzen des Bundeskartellamts an. Das selbst bezieht sich auf „Europäische Datenschutzvorschriften als Maßstab für den Ausbeutungmissbrauch“ und verweist in einem Hintergrundpaper (PDF) auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach seien nicht nur Preisstrukturen zu berücksichtigen; vielmehr lasse sich „die Unangemessenheit von Konditionen auch anhand von Wertungen des Zivilrechts, etwa des AGB-Rechts, oder anhand einer grundrechtlichen Interessenabwägung überprüf[en]".

Facebook sieht in Sachen Datenschutz und DSGVO derweil ausdrücklich die Datenschutzbehörden in der Pflicht. Diese besäßen „die notwendige Fachkenntnis“. Zudem laufe der Beschluss des Bundeskartellamts Gefahr, den europäischen Rechtsrahmen zu untergraben.

Das Bundeskartellamt stand allerdings nach eigenen Angaben im regen Austausch mit verschiedenen Datenschutzbeauftragten. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Ulrich Kelber unterstützt die „Wegweisende Entscheidung des Bundeskartellamtes zu Facebook“ überdies explizit: „Das aktuelle Geschäftsmodell von Facebook verstößt in mehreren Punkten gegen die hiesigen datenschutzrechtlichen Vorschriften. Gerade die Tatsache, dass Einwilligungen als wesentliche Grundlage für die meisten Datenverarbeitungen nicht den Vorgaben der DSGVO entsprechen, habe ich schon mehrfach kritisiert. Ich freue mich, dass das Kartellamt hier ein klares Zeichen gesetzt hat. Facebook muss nun zeitnah handeln und seine Datenverarbeitung endlich gesetzeskonform umgestalten.“

Aus dem Umfeld des Datenschutzbeauftragten war ferner zu hören, dass von auch die europäischen Datenschützer Facebook weiterhin im Visier haben. Unabhängig von der jetzigen Entscheidung des Bundeskartellamtes könnte dem Konzern hier also weiteres Ungemach drohen.

Facebooks DSGVO-Bemühungen

Das versucht Facebook freilich abzuwenden und beteuert, die Maßgaben der DSGVO umzusetzen. So erkläre man mittlerweile noch detaillierter, welche Steuerungsmöglichkeiten Nutzer zur Kontrolle ihrer Informationen haben. Bald werde man zudem das Tool „Clear History“ einführen – damit könnten Nutzer die von Facebook über Dienste und Webseiten gesammelten Informationen künftig ansehen und vom eigenen Account trennen.

Und schließlich lässt es sich der Konzern nicht nehmen, die vermeintlichen Vorteile seiner dienstübergreifenden Datenverknüpfungen herauszustellen: Damit ließen sich Terrorismus, Kindesmissbrauch und Wahlmanipulationen eindämmen.

Ausblick

Sollte sich Facebook weiter gegen die vom Bundeskartellamt auferlegten Beschränkungen wehren, könnten sich die beiden Parteien vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf beziehungsweise dem Bundesgerichtshof wiedersehen. Im Rahmen der richterlichen Klärung stünde dann möglicherweise ein einstweiliger Rechtsschutz im Raum, der Facebook zunächst von der Erstellung des oben erwähnten Umsetzungsplanes befreien würde.

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