Elektromobilität – aber sicher Cybersichere Ladestationen für die Zukunft des Autoverkehrs
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Mit den weltweiten Anstrengungen zum Ausbau der Elektromobilität wächst auch das Bestreben, ein flächendeckendes Netz von Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu schaffen, das mit dem für Tankstellennetz für Verbrenner vergleichbar ist. Daraus ergibt sich jedoch eine neue Herausforderung: Wie kann man eine umfangreiche Ladeinfrastruktur schnell aufbauen, ohne dabei die Sicherheitsanforderungen an das System zu vernachlässigen?

Der Wandel zur Elektromobilität nimmt zunehmend Fahrt auf. Gesetzliche Vorgaben, darunter eine EU-Vorschrift, die ab 2035 nur noch Neuwagen mit null CO₂-Emissionen zulässt, der Druck der Aktionäre und das gestiegene Bewusstsein der Verbraucher für Klimaschutz beschleunigen die Transformation. Laut dem Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) war 2021 jeder 11. in der EU verkaufte Neuwagen ein reines Elektroauto, was einem Anstieg von 63 Prozent gegenüber 2020 entspricht.
Für den Ausbau der Elektromobilität braucht es ein flächendeckendes Netz von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, das mit dem für Tankstellennetz für Verbrenner vergleichbar ist. Die Herausforderung: Eine umfangreiche Ladeinfrastruktur schnell aufbauen, ohne dabei die Sicherheitsanforderungen an das System zu vernachlässigen. Dabei sieht sich die Branche mit mehreren großen Hürden konfrontiert. Dazu zählen die sichere Kommunikation mit Ladegeräten vor Ort über die Cloud, die Gewährleistung der Interoperabilität, die sichere Authentifizierung von Transaktionen und die Verhinderung gefälschter oder nicht autorisierter Ladegeräte. Im Folgenden gehen wir auf diese Herausforderungen ein und zeigen auf, wie man sie mit den richtigen Lösungen bewältigen kann.
Erwartungen an die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
Für die Gesellschaft ist die Versorgung mit fossilen Brennstoffen nach wie vor eine Selbstverständlichkeit, auch wenn klar ist, dass diese Ressourcen immer knapper werden: Ein flächendeckendes Netz von Tankstellen sorgt jederzeit für Kraftstoff-Nachschub, wenn auch zu steigenden Preisen. Dem stehen nach ACEA-Angaben zum Ende des 2. Quartals 2022 EU-weit gerade einmal 307.000 öffentliche Ladestationen gegenüber, von denen die Hälfte auf die Niederlande (90.000) und Deutschland (60.000) entfallen. In den USA sieht es für E-Auto-Fahrer noch schlechter aus: Nach Angaben des US-Energieministeriums gibt es in den Vereinigten Staaten rund 43.000 öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, die meisten davon in Kalifornien.
Dies steht in krassem Gegensatz zum geschätzten Bedarf an Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Ein Bericht von EY und dem europäischen Energieversorgungsunternehmen Eurelectric schätzt, dass in Europa 65 Millionen Ladestationen – neun Millionen öffentliche und 56 Millionen private – benötigt werden, um die 130 Millionen E-Fahrzeuge zu versorgen, die bis 2035 auf den Straßen unterwegs sein werden. Für die USA schätzt McKinsey, dass bis 2030 1,2 Millionen öffentliche Ladestationen benötigt werden. Das bedeutet, dass ein erheblicher Ausbau der Ladeinfrastruktur erforderlich sein wird.
Trotz der Erfolge in der EU, z. B. bei der Förderung einer gemeinsamen EU-Norm für Steckverbindungen und der Verbesserung des Zugangs zu verschiedenen Ladenetzen, weist der Europäische Rechnungshof darauf hin, dass die Verfügbarkeit von Ladestationen von Land zu Land unterschiedlich ist, dass die Zahlungssysteme noch nicht vereinheitlicht sind und dass es unzureichende Informationen gibt (z. B. zur Echtzeitverfügbarkeit oder zu Abrechnungsdetails). Diese Hürden erschweren es den Autofahrern, die Ladeinfrastruktur schnell zu nutzen.
Eine weitere Herausforderung ist die Interoperabilität, insbesondere bei ultraschnellen, leistungsstarken Gleichstrom-Ladenetzen. Es gibt eine kleine, aber wachsende Zahl von Hochspannungs-Gleichstrom-Ladestationen, die eine viel höhere Ladeleistung als eine Wechselstrom-Ladestation bieten und daher die Ladezeit deutlich verkürzen können. Sie sind jedoch meist typenspezifisch und somit nur für bestimmte E-Autofahrer nutzbar.
Sichere Authentifizierung für den Bezahlvorgang
Wie bei herkömmlichen Tankstellen wird oft erwartet, dass Fahrer für das Aufladen entweder über ein Kassenterminal bezahlen oder – wie das bei Inhabern von Tankkarten mitunter der Fall ist – ggf. eine monatliche Abrechnung erhalten. Derzeit ist die -Ladeinfrastruktur jedoch nicht einheitlich, was die Zahlungsmethode angeht. Verschiedene Anbieter verwenden unterschiedliche Zahlungsmittel, darunter spezielle Karten oder unterschiedliche Apps. Das bringt viele Schwierigkeiten für die Fahrer mit sich. Ab Juli 2023 sind die Anbieter verpflichtet, für neue Ladesäulen eine kontaktlose Zahlungsmethode für die gängigen Debit- und Kreditkarten (auch bekannt als EMV: Europay International, MasterCard, Visa) anzubieten.
Für sichere Bezahlvorgänge sind Datenschutz und sichere Konnektivität von entscheidender Bedeutung, um die Verwaltung der Ladung und eine sichere automatische Abrechnung zu ermöglichen. Die Branche benötigt insbesondere sichere Datentransaktionen und Geräteauthentifizierungen für das Standardladen bei einem Anbieter und für das Schnellladen bei einem „Luxus“-Anbieter, der oft einen höheren Preis verlangt.
Um einen betrügerischen oder unbefugten Zugriff auf die Ladeinfrastruktur zu verhindern, muss es eine standardisierte Methode geben, um Ladestationen mittels Benutzerdaten sicher zu entsperren. Auch der Schutz der Ladeinfrastruktur selbst und der Wertschöpfungskette vor Cyberangriffen muss berücksichtigt werden.
In einer Studie über Ladestationen für Elektroautos aus dem Jahr 2022, die von der Abteilung für Informationssysteme und Cybersicherheit des Carlos Alvarez College of Business durchgeführt wurde, wurden 16 verschiedene Ladesysteme für Elektroautos untersucht und dabei 13 bedeutende Sicherheitsrisiken und Schwachstellen aufgedeckt. Die schwerwiegendste Schwachstelle ist die fehlende Authentifizierung, die es einem Angreifer ermöglicht, unbefugten Zugriff auf das System und die darin gespeicherten Daten zu erhalten.
Die Lösung: Sichere Kommunikationsprotokolle und hardwarebasierter Schutz
Die gute Nachricht ist, dass zum Schutz vor unbefugtem Zugriff sichere Protokolle auf der Grundlage des Industriestandards der Nahfeldkommunikation (Near Field Communication, NFC) verwendet werden können, um Ladestationen zu entsperren. Dabei kann es sich um Berechtigungsnachweise wie physische Karten zum kontaktlosen Bezahlen, Smartcards oder Smartphones handeln. Kontaktlose Smartcard-Lösungen ermöglichen zudem die Integration einer EV-Charging-Card-Lösung mit Smartcard-City-Diensten auf einer einzigen Karte. Dies ermöglicht den Kunden eine einfache, schnelle und sichere Bezahlung an der Ladestation und kann mit anderen Smart-City-Anwendungen für Parken, Mautgebühren, Carsharing, öffentliche Verkehrsmittel usw. kombiniert werden.
Die NFC-Technologie ermöglicht es den Ladestationen, den Nutzer zu identifizieren und ihm durch einfaches Antippen und Bezahlen den Zugang zum Service zu ermöglichen. Dies geschieht durch die Integration eines NFC-Lesegeräts in die Ladestation, das kontaktlos mit der physischen Chipkarte des Nutzers, mit der Kredit- oder Debit-Karte oder mit dem Mobiltelefon des Nutzers verbunden ist. Die Verwendung von NFC-Lesegeräten bei der Planung der Infrastruktur verspricht den Fahrern von E-Fahrzeugen ein gleichbleibendes Ladeerlebnis über alle Netze hinweg.
Die Integration von sogenannten Secure Elements in die Ladeinfrastruktur zur Einhaltung von Industriestandards wie ISO 15118 für die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladegerät oder von Kalibrierungsgesetzen – wie dem deutschen Eichrecht – ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Ein Secure Element ist ein Chip, der durch ein entsprechendes Design vor unbefugtem Zugriff geschützt ist, vertrauliche und kryptografische Daten speichert und auch gewisse Sicherheitsanwendungen ausführen kann. Er fungiert auch als Sicherheit für die gesamte Wertschöpfungskette, indem er die Kommunikation zwischen dem Elektrofahrzeug, der Ladestation und der Cloud ermöglicht.
Vereinfacht ausgedrückt erleichtert die Technologie die Verwaltung von Schlüsseln und Berechtigungsnachweisen für Automobilhersteller und Service-Anbieter und bietet zertifizierte, zukunftsfähige Sicherheit, die im Einsatz leicht aktualisiert werden kann. NXP stellt eine spezielle Entwicklungsplattform, EasyEVSE, zur Verfügung, die Kunden bei der Erstellung von Prototypen ihrer Ladelösungen (im Englischen auch als Electric Vehicle Supply Equipment (EVSE) bezeichnet) unterstützt.
Qualität und Quantität – beim Ausbau der Ladeinfrastruktur zählt beides
Neben der Förderung der Verbreitung von Elektrofahrzeugen sind auch Investitionen in den Ausbau der Ladeinfrastruktur notwendig. Ohne eine nachhaltige Infrastruktur wird der Vormarsch der Elektromobilität ins Stocken geraten. Für ein funktionierendes Ladenetz ist nicht nur eine ausreichende Anzahl von Ladestationen entscheidend, sondern auch deren Cybersicherheit und Benutzerfreundlichkeit. Neben dem Sicherheitsaspekt spielen folglich auch die Interoperabilität und Konnektivität der verschiedenen Systeme und Anbieter eine entscheidende Rolle. Diese Kriterien können zum einen durch sichere Kommunikationsstandards wie NFC erfüllt werden. Auf der Hardwareseite bieten zertifizierte Secure Elements mit einem Security-by-Design-Ansatz eine zusätzliche Ebene der Cybersicherheit.
Über die Autoren
Giuseppe Guagliardo ist Product Manager bei NXP Semiconductors.
Antje Schütz ist Senior Marketing Manager IoT Security bei NXP Semiconductors.
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