Cybersecurity in Deutschland 2021 Deutsche Unternehmen schätzen ihre IT-Sicherheit zu hoch ein

Autor Melanie Staudacher

Die Bedrohung durch Ransomware ist enorm, gleichzeitig sind die IT-Lösungen zu komplex. Deshalb sollten Unternehmen, dem Marktforschungsinstitut IDC zufolge, auf KI-basierte Technologien setzen und Hersteller ihre Produkte Cloud- und MSP-ready machen.

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66 Prozent der von IDC Befragten denken, auch ohne externen Dienstleister künftige IT-Sicherheitsbedrohungen bewältigen zu können.
66 Prozent der von IDC Befragten denken, auch ohne externen Dienstleister künftige IT-Sicherheitsbedrohungen bewältigen zu können.
(Bild: Mangostar-stock.adobe.com)

„Mit Ransomware Geschäft zu machen, ist mittlerweile vermutlich lukrativer als Drogen zu verkaufen. Und man wird seltener erwischt“, sagt Marco Becker, Senior Consultant bei IDC. Denn die Cyberangriffe seien so gut verschleiert, dass es nahezu unmöglich ist, die Kriminellen zu finden. Wie es um die IT-Sicherheit in deutschen Unternehmen auch hinsichtlich der aktuellen Ransomware-Bedrohungen steht, beleuchtet IDC im aktuellen Report „Cybersecurity in Deutschland 2021“.

IDC identifizierte die zehn größten Herausforderungen hinsichtlich der IT-Sicherheit.
IDC identifizierte die zehn größten Herausforderungen hinsichtlich der IT-Sicherheit.
(Bild: IDC)

Im September hat IDC branchenübergreifend Security-Verantwortliche aus 200 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt. Ziel der Studie war es, Einblicke in die Herausforderungen, Vorgehensweisen und Pläne beim Aufbau und Betrieb von Security-Landschaften zu erhalten.

Selbstsicher trotz Ransomware-Attacke

Obwohl knapp 70 Prozent der Unternehmen angaben, bereits Opfer von Ransomware gewesen zu sein, scheinen die Befragten selbstbewusst: Rund 66 Prozent stimmten der Aussage zu, aus eigener Kraft, auch ohne externe Dienstleister und Experten, sämtliche zukünftigen IT-Sicherheitsbedrohungen bewältigen zu können. „Die Schnittmenge aus beiden Gruppen ist überraschend groß“, sagt Becker. „Dabei ist gemessen an der Häufigkeit der Ransomware-Vorfälle und der Erfolgsquote der Erpresser eine solche Selbstsicherheit absolut nicht gerechtfertigt.“

41 Prozent der Betroffenen hatten letztendlich Datenverluste, häufig trotz Bezahlung der Lösegeldforderungen. Und auch ein großer Teil derjenigen, die nicht bezahlt haben, hatte dennoch zumindest Schäden aus dem Ausfall der verschlüsselten Systeme.

IT-Sicherheit ist zu komplex

Fast 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen Auswirkungen möglichst schnell neue IT-Lösungen einführen mussten und dabei die IT-Sicherheit hinten angestellt haben. Das trägt dazu bei, dass die Security-Komplexität für fast ein Drittel der befragten Security-Verantwortlichen zu den größten Herausforderungen gehört.

Neben den immer komplexer werdenden IT-Umgebungen sind auch die Security-Landschaften gewachsen und bestehen in vielen Unternehmen aus dutzenden Lösungen und diversen Anbietern. In den Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern haben 17 Prozent der Befragten mehr als 20 Anbieter im Einsatz. In den größeren Unternehmen mit bis zu 2.500 Mitarbeiter gilt das für 30 Prozent der Befragten und jedes zehnte Enterprise-Unternehmen ab 2.500 Mitarbeitern aufwärts betreibt sogar Lösungen von mehr als 35 Anbietern.

Unternehmen brauchen intelligente Sicherheitslösungen

Veraltete Prozesse und -Lösungen stellen 21 Prozent der befragten Organisationen vor große Herausforderungen. IDC geht davon aus, dass diese Zahl zu niedrig gegriffen ist und aus der Selbstüberschätzung einiger Unternehmen folgt. „Insbesondere viele der Security-Analytics und -Intelligence-Lösungen haben noch einen niedrigen Einsatzgrad, wie die Studienergebnisse eindeutig zeigen“, sagt Becker. „Meldungen, Alerts und Logs einzelner Lösungen sowie entdeckte Attacken oder Schwachstellen werden dadurch nicht effizient im gesamten Unternehmen geteilt, manche Attacken und Schwachstellen gar nicht erst entdeckt. Stattdessen versacken Alarme unter Umständen in Silos. Das torpediert den Gedanken einer ganzheitlichen und integrierten Security-Umgebung, in der übergreifende Sicherheitsrisiken entdeckt und behandelt werden können.“

Mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 werden jetzt sogar für einige Unternehmen Lösungen zur Pflicht, die kontinuierlich und automatisch Angriffe entdecken, identifizieren, vermeiden und wenn möglich auch beseitigen können.

IDC zufolge sind intelligente Lösungen unumgänglich. Diese sollten auf Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen basieren und Anwendern dabei helfen, Prozesse zu orchestrieren und zu automatisieren. Nur so lasse sich die wachsende Zahl der Angriffsvektoren einschränken, Nutzer und Geräte absichern und die stark steigende Anzahl von Security-Meldungen bearbeiten.

Fazit von IDC

Insgesamt zeichnet die Studie laut den Analysten von IDC in den deutschen Unternehmen zwar das Bild einer Cybersecurity, die in den meisten Fällen die Basisanforderungen erfüllt, aber für zukünftige Anforderungen nicht ausreichend gewappnet ist. Die Security habe einen immer noch zu geringen Stellenwert, sowohl im Management als auch bei Anwendern.

Organisatorisch könne die Anwendung moderner Ansätze wie Security by Design oder Zero Trust dabei helfen, diese Defizite zu kompensieren. Die Studienergebnisse zeigten aber, dass diese dazu noch zu selten systematisch in sämtlichen IT-Maßnahmen berücksichtigt würden. Und technologisch gesehen, seien zu wenige Advanced-Security-Lösungen im Einsatz, die auf Automatisierung, Orchestrierung, Analytics und Intelligence setzten.

IDC sieht aber auch die Anbieter von IT-Security-Produkten und -Services in der Pflicht: Der Markt für Cyber- und IT-Security wird zunehmend komplizierter. Anwender können moderne Lösungen und ihren Nutzen immer schwieriger voneinander unterscheiden und auch die Lösungen selbst sind ohne spezifisches Fachwissen häufig nur schwer zu betreiben und zu bedienen.

Security-Anbieter müssen hier entsprechend mit Beratung und Schulungen unterstützen und die Integration ihrer Lösungen in Security-Plattformen und Ecosystems vorantreiben und schlussendlich ihre Lösungen Cloud-ready machen. Zudem sollten Security-Anbieter auch verstärkt an der Optimierung ihrer Lösung für Managed Service Provider arbeiten, um gemeinsam auch die komplexen, aber nötigen Lösungen als Managed Service anbieten zu können.

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