Information Warfare IT und Cyberwar auf der Münchner Sicherheitskonferenz
Die Münchner Sicherheitskonferenz hat sich dem Thema IT geöffnet. Dieser Schritt ist nur logisch, immerhin gewinnen Cyber-Kriegsführung und Terror-Netzwerke immer mehr an Bedeutung. Letztlich ist der richtige Platz für entsprechende Diskussionen aber noch nicht gefunden.
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Vier Photo-calls für Arnold Schwarzenegger, drei Panels zu den Themen Terror, Islamischer Staat (IS) und hybride Kriegführung. Da blieb wenig Platz für die europäischen Fragen nach Privatheit, Verschlüsselung und für den Wunsch nach einem No-Spy-Abkommen mit den USA.
Trotzdem: Überall und doch nirgends schwang neben den unüberhörbaren transatlantischen Meinungsverschiedenheiten zum Thema Ukraine und Krim auch diese Problemzone mit. Diskutiert wurde sie schließlich zur mitternächtlichen Stunde im kleinsten Kreis: „off records“ ohne Mikrofone und Kameras im Nachtclub des Bayerischen Hofes.
Immerhin hatten sich trotz vorangegangenem Staatsempfang in der Residenz noch über 50 Teilnehmer eingefunden, um sich, so die Veranstalter, heftig und ungestört streiten zu können. Elena Chernenko, Spezial-Korrespondent mit Sitz in Moskau, der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves sowie Rachel Whetstone von Google diskutierten mit Amos Gilead vom Verteidigungsministerium in Jerusalem und dem TV-Produzenten Peter Pomerantsev aus London. Über Ergebnisse herrscht diplomatisch beredtes Schweigen.
Der Information Warfare ist kontroverser als die Ukraine-Frage, die von Freitag bis Sonntag auf der „SiKo“ lag wie ein Bleiteppich. Eine Annäherung war nicht zu erwarten. Zu verschieden sind die Ansichten zu dem Thema. Auf der einen Seite stehen das Vereinigte Königreich und die USA, die dem Themenkomplex wenig Beachtung schenken wollen, um alle Kraft des Bündnisses dem Thema „Krieg dem Terror“ widmen zu können. Auf der anderen Seite erheben sich viele europäische Stimmen, für die Bürgerrechte gelebte Demokratie sind und der Schutz der heimischen Industrien vor Technologiespionage ebenfalls Teil der nationalen Sicherheit ist.
Fast zeitgleich tauchten die „neuen“ Regeln für die NSA im Netz auf. Im Blog der darauf spezialisierten Journalistin Marcy Wheeler und auf der Webseite des österreichischen Rundfunks. „Betriebsgeheimnissen ausländischer Firmen“ dienen demnach auch weiterhin nur zum Schutz der nationalen Sicherheit der USA. Die Dienste seien „nicht autorisiert, US-Firmen einen kommerziellen Vorteile zu verschaffen.
Wie viel Datenschutz ist genug?
Das ist extrem wenig und schon gar kein „No-Spy“ Abkommen, aber immerhin etwas. Der britische NSA-Partnerdienst GCHQ wurde wegen seiner unkontrollierten Datensammelwut von einem heimischen Gericht wegen Verstoßes gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte verurteilt.
Die Kampflinie verläuft quer durch die USA. Die mächtigen IT-Firmen Google, Microsoft und Facebook, die ihren Aufstieg einst auch den üppigen Forschungsaufträgen der Regierung und der NSA verdankten, sehen nun ihre globalen Geschäftsmodelle eben durch diese Organisation gefährdet. Misstrauen, so wissen sie, ist kein Klebstoff zwischen Kunde und Anbieter, sondern eher ein Scheidebrief.
Doch wie viel Privatheit brauchen wir? Wird das Thema nicht überbewertet, wie es der auf Betrugsdelikte spezialisierte britische Experte David Stulb vom Wirtschaftsprüfer Ernst & Young formuliert. Für einige der Teilnehmer sind „WhatsApp“, das iPhone 6 und sein Verschlüsselungsalgorithmus staatsgefährdende Waffen, nicht komfortable Innovationen des täglichen Bedarfs.
Innere und äußere Sicherheit sind untrennbar verbunden, sagt der unter dem Schock der Terroranschläge von Paris stehende französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian. Für die Position der USA, im Zweifelsfall erst einmal alles abzuschöpfen, gibt es also auch innerhalb Europas Unterstützung – und die steigt mit jedem Terroranschlag.
Es wäre angemessen, bei nächster Gelegenheit darüber zu diskutieren. In angemessenem Rahmen und bei eingeschalteten Mikrofonen. Ungeklärt bis heute sind die Vorgänge während der Eurokrise 2008/2009, bei der US-Fonds offenbar vorab Informationen über politische Entscheidungen erhielten und zum eigenen finanziellen Vorteil zu nutzen wussten.
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