Hybride Infrastrukturen Nicht alles muss in die Cloud
Anwendungen und Prozesse verschwinden wieder aus der Cloud, um den Datenschutz zu verbessern, Kosten zu kontrollieren und die Abhängigkeit von Dienstleistern zu reduzieren. Damit sinken aber Flexibilität und Skalierbarkeit. Unternehmen können jedoch mit hybriden Lösungen das Beste aus beiden Welten nutzen.
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Der Siegeszug der Cloud ist nicht zu bremsen – sagen zumindest viele Experten. Doch in der Praxis können durch eine „Alles in die Cloud“-Einstellung größere Probleme auf Seiten der IT-Entscheider entstehen, etwa bei Sicherheit und Management..
Laut dem Cloud-Monitor 2018 von Bitkom verwenden bereits zwei Drittel der deutschen Unternehmen Cloud Computing. Als wichtigste Vorteile gelten: schnellere Skalierbarkeit von IT-Leistungen, mobiler Zugriff auf Ressourcen sowie höhere Verfügbarkeit und Performance der Anwendungen. Gleichzeitig erkennt mehr als jeder fünfte Befragte Probleme bei der Erfüllung von Compliance- und Security-Anforderungen sowie bei der individuellen Anpassung der Cloud-Lösung.
Dies zeigt, dass Unternehmen die Cloud nicht als Universal-Lösung für alle Herausforderungen betrachten. Andere Studien bestätigen diese Erkenntnis. So sind die größten Hürden bei der Migration des IT-Betriebs in die Cloud gemäß einer Forrester-Studie:
- Schlechtes Change Management (75 Prozent)
- Starre Unternehmenskulturen (71 Prozent)
- Mangelnde Abstimmung zwischen der IT und anderen Abteilungen (69 Prozent)
- Fehlende Strategie (58 Prozent)
Kontrolle, Security und Datenschutz
In Bezug auf die aktuelle Cloud-Infrastruktur treiben Unternehmen vor allem Bedenken im Bereich Sicherheit und Datenschutz um – aufgrund aktueller Cyber-Angriffe sowie der DSGVO (76 Prozent). 69 Prozent der Befragten erkannten erst während und nach der Migration ihren Mangel an Kontrolle und Erfahrung bei Sicherheit und Datenschutz in der Cloud. 77 Prozent der Unternehmen stellten dann fest, dass ihre Teams nicht ausreichend geschult waren, und bei 74 Prozent wurde die Migration durch fehlendes internes Fachwissen gebremst.
Zudem wurde in der diesjährigen RIA-Umfrage „Wo wohnen die Daten?“ auf Applikationsebene festgestellt, dass die IT-Entscheider eben nicht planen, alles in die Cloud zu migrieren. Daraus lässt sich schließen, dass sie sich sehr genau mit den technischen und kommerziellen Vor- und Nachteilen von Clouds, Co-Location und On-Premise Datacenter auseinandersetzen.
Vieles bleibt im eigenen Rechenzentrum
Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen weiterhin ihr Rechenzentrum betreiben. Laut Crisp Research gab es in Deutschland Ende 2015 rund 30.000 kleine Server-Räume, 5.000 mittlere Rechenzentren und 500 große Datacenter. Gemäß Gartner aber sollen 80 Prozent aller Unternehmen im Jahr 2025 keine eigenen Rechenzentren mehr besitzen.
Gartner spezifiziert diese als die lokalen, selbstbetriebenen Rechenzentren, welche durch Public Cloud Applikationen und Co-Location-Services abgelöst werden. Denn schließlich tendieren immer mehr Unternehmen dazu, hybride IT-Infrastrukturen einzusetzen und da bietet es sich nun einmal an, die selbstbetriebenen Infrastrukturanteile, wie Server und Storage, unweit der Public Clouds im Co-Location zu platzieren.
Damit können sie das Beste aus beiden Welten nutzen und sogar zu einer großen, umfassenden Lösung integrieren. Denn Public Cloud und ein eigenes Datacenter schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern lassen sich im Co-Location miteinander kombinieren.
Die optimale Lösung
Daher sollten sich Unternehmen für jeden Einzelfall überlegen, wo der Workload am besten aufgehoben ist. Regulierte und auditierte Daten und Anwendungen sind anders zu behandeln als Standardanwendungen. So müssen etwa CRM-Lösungen und sensible Mitarbeiterdaten im eigenen Rechenzentrum bleiben, um die Anforderungen in Sachen Datenschutz und Sicherheit zu erfüllen.
Dagegen können zum Beispiel Content-Management-Systeme und Produktseiten in der Cloud betrieben werden, um Kostenvorteile zu nutzen. Die Digitalisierung wird daher zu einer differenzierten Behandlung von Produkten und Services für die Kunden führen. Dabei hängt die optimale Cloud-Strategie von der Unternehmensstrategie ab.
Der Trend geht zur Hybrid IT. Doch die Frage lautet dann: Sollen die selbstbetriebene IT und Public Cloud Services nebeneinander oder integriert bereitgestellt werden? Die verteilten Workloads erfordern eine umfassende Betrachtung des Netzwerks. Dies wiederum führt zu einem Umdenken in der eigenen IT-Mannschaft, da die Grenzen von Infrastrukturen, Netzwerken und Applikationen fallen.
Trend: Hybrid IT
Die bestehenden Silos müssen sukzessive aufgelöst und die IT-Abteilungen integriert werden. Denn nur damit lassen sich hybride Infrastrukturen transparent und effizient verwalten.
Zudem stellt sich die Frage, welche Public Cloud für welche Anwendung am besten geeignet ist. Tatsächlich besitzen alle Angebote jeweils Stärken und Schwächen. Daher sollte im Idealfall für jede einzelne Anwendung der optimale Service ermittelt und genutzt werden. Neben den Funktionen und Kapazitäten ist auch zu berücksichtigen, wo die Server stehen und wie sie abgesichert werden, um die entsprechenden Richtlinien zu erfüllen.
Die richtige Cloud kann dann von einem lokalen Anbieter oder einem globalen Player stammen. Doch die Multi-Cloud erzeugt wiederum neue Anforderungen in Sachen Management. Da nämlich jeder Anbieter seine eigene Oberfläche mitbringt, müssen Unternehmen umfassende Systeme implementieren, die alle Clouds integriert verwalten können. Nur dann lässt sich der Aufwand für Konfiguration und Management in Grenzen halten.
Der Idealfall
Im Idealfall sind die einzelnen Applikationen, die im Unternehmen zum Einsatz kommen, voneinander völlig unabhängig. Dann lässt sich auch für jede Cloud-Anwendung ein eigener IT-Partner nutzen. Ist der Datentransfer zwischen den Applikationen weder Bandbreiten-intensiv noch Latenz-kritisch, kann auch jede Anwendung einzeln betrachtet werden. Dann stehen Unternehmen vor den geringsten Herausforderungen bei der Einführung einer Multi-Cloud.
Doch die Realität sieht meist anders aus. Aufgrund der zahlreichen Abhängigkeiten und dem Datenaustausch zwischen den Anwendungen müssen Unternehmen zahlreiche Kriterien analysieren. Dazu gehören Skalierbarkeit, Performance und Latenz, aber auch Sensibilität der Daten, Ausfallsicherheit und Security.
Werden bei Prozessketten einzelne Anwendungen in der Cloud, andere im Datacenter betrieben, kann dies zu erheblichen Performance-Einbußen im Gesamtprozess führen. Dann müssen Unternehmen entscheiden, ob die Public Cloud geografisch näher an das eigene Rechenzentrum rücken muss, um Latenz und Performance zu optimieren, oder sogar als Private Cloud im eigenen Datacenter läuft. Oder soll umgekehrt die private Applikation näher an die Public Cloud rücken und das Thema Netzwerkanbindung überdacht werden?
Co-Location für alle Fälle
In allen Fällen kann hier ein Co-Location-Anbieter unterstützen, der direkte Verbindungen zu einer Vielfalt an WAN- und Public-Cloud-Providern bereitstellt sowie gleichzeitig Equipment-Housing für den eigenen IT-Betrieb bietet. Damit erhalten Unternehmen alle Optionen aus einer Hand – ein eigenes Datacenter, Private Cloud und Public Cloud. Zudem ermöglichen moderne Lösungen wie „Cloud Connect“ private Verbindungen mit mehreren Cloud-Providern über eine einzige physikalische Verbindung.
So können Unternehmen die Multi-Cloud auf praktische und einfache Weise realisieren. Denn die Connectivity lässt sich unmittelbar anpassen, ohne dabei neue physikalische Verbindungen herstellen oder Zeit für die Bereitstellung einplanen zu müssen. Damit können Unternehmen verschiedene Szenarien umsetzen wie (siehe auch: Grafik):
- „Netzwerk“: WAN-Gateway und IP-Hub
- „Hybrid“: Nur kritische Applikationen nahe der Public Cloud
- „Cloud first“: Primär Cloud, der Rest in Co-Location
Das bedeutet, dass die Cloud-Nutzung keine Entweder-Oder-Entscheidung darstellt. Die Cloud ist zwar kein Selbstzweck und kein Selbstläufer, der automatisch alle Probleme löst. Doch eine moderne, agile IT funktioniert nicht mit alten, herkömmlichen Konzepten.
Daher benötigen Unternehmen eine IT-Strategie, die das Beste aus On-Premise- und Cloud-Lösungen vereint. Dazu eignen sich flexibel einsetzbare Co-Location Services. Denn sie bieten zahlreiche verschiedenartige Anbindungsoptionen, um für jedes Szenario die optimale Lösung bereitzustellen.
* Der Autor, Holger Nicolay, ist Business Development Manager bei Interxion Deutschland.
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