Gefahr aus der virtuellen Welt Sind Unternehmen auf den Cyberkrieg vorbereitet?
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Nationale Cyberoperationen sind seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs mit beispiellosen Bedrohungen konfrontiert. Denn Russland und seine Verbündeten stiften mit Fake News, Online-Angriffen und Spionage-Tätigkeiten Chaos. Ukrainische Unternehmen und diejenigen in angrenzenden Ländern sollten die Wirksamkeit ihrer Cyberstrategie jetzt überprüfen.

Die Warnung des BSI vor Cyberrisiken im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ist weiterhin begründet. Denn: Obwohl die Eskalation des Ukraine-Konflikts durch Russland bereits mehr als ein Jahr zurückliegt und in Deutschland sowie anderen Staaten IT-Sicherheitsvorfälle verzeichnet wurden, befinden wir uns immer noch „lediglich“ in der Anfangsphase eines Cyberkriegs.
Zu Beginn des Krieges konzentrierten sich die russischen Cyberangriffe darauf, kritische ukrainische Infrastrukturen auszuschalten, was zu erwarten, aber nicht sehr effektiv, war. Es folgte ein Strategiewechsel Russlands mit einem verstärkten Fokus auf Cyberspionage und Datensammlung, um sich einen strategischen Kriegsvorteil zu verschaffen. Und die Ukraine stellt dabei nicht das alleinige Ziel dar. Länder wie die USA, Großbritannien, Deutschland und die skandinavischen Verbündeten der Ukraine sind ebenso Ziele für russische Cybertaktiken. So berichtete das ZDF, dass das Genfer CyberPeace Institute vergangenes Jahr mehr als 850 Cyberattacken von pro-russischen – und auch pro-ukrainischen – Hackern verzeichnete. Zudem würden die pro-russischen Hackernetzwerke durch die immer intensivere Vernetzung deutlich unberechenbarer, wie die Chefanalystin des Instituts bestätigte. Das heißt, dass die Taktiken Russlands sich buchstäblich über Nacht ändern können. Schutzmaßnahmen, die auf Basis bisheriger Angriffe entwickelt wurden, würden dann unwirksam.
Die Erfahrungen des Ukraine-Konflikts zeigen außerdem, dass auch Unternehmen, die nicht unmittelbar an der kriegerischen Auseinandersetzung beteiligt sind, ins Fadenkreuz der Angreifer geraten. Nicht nur Rüstungskonzerne, sondern alle Organisationen – vor allem die der kritischen Infrastruktur – können ein Ziel werden, um indirekt die Wirtschaft zu schädigen und das soziale und gesellschaftspolitische Leben zu stören, oder Kollateralschaden sein. Es spielt auch keine Rolle, in welcher Branche das betreffende Unternehmen tätig ist, solange es sich in einem Land befindet, das als Verbündeter der Ukraine gilt.
Abwehr von Cyberkriminellen: Denn sie wissen, was sie tun
Der aktuelle Arctic Wolf Labs Threat Report bestätigt, dass breit angelegte Cyberattacken und innovative Angriffstaktiken zur Norm der Cyberkriegsführung und Datenspionage werden. Einfache Einmalmaßnahmen zur Cyberabwehr und halbherzig geplante und durchgeführte Cybersicherheits-Strategien reichen hier keinesfalls aus. Eine umfassende Security-Initiative sieht die Einrichtung eines internen Security Operations Centers (SOC) oder die Partnerschaft mit einem externen Sicherheitsanbieter – wie Arctic Wolf – vor, um die Wahrscheinlichkeit eines Vorfalls durch kontinuierliches Monitoring der IT-Landschaft zu verringern und schnelle Reaktionszeiten im Angriffsfall sicherzustellen.
Denn unabhängig davon, ob ein Angriff von einem Nationalstaat und dessen Verbündeten oder einem einzelnen Cyberkriminellen ausgeht, heutige Cyberangriffe sind oftmals heimtückisch, gut durchdacht, an die aktuelle Lage und jeweilige Situation angepasst und vor allem nicht leicht und schnell zu erkennen. Staatliche Organe, Institutionen und Unternehmen müssen umgehend ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberangriffen ausbauen – über die generelle Cyber Readiness hinaus.
Ein guter Anfang beinhaltet die Einführung grundlegender Richtlinien für die Cyber-Hygiene und die Implementierung bewährter Sicherheitspraktiken. Dazu gehören Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA), angemessene Passwortrichtlinien und Schwachstellen-Monitoring. Da viele der Cyberkriminellen mit einem Höchstmaß an Raffinesse vorgehen und deren Maßnahmen darauf ausgelegt sind, tradierte Verteidigungsmaßnahmen zu umgehen, benötigt es weitere durch das SOC koordinierte Sicherheitsmaßnahmen, die kontinuierlich durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Sicherheitsstrategie auf dem neuesten Stand ist: regelmäßige Konfiguration der Systeme, Prüfung der Aktualität der Sicherheitsmaßnahmen und sofortiges Patchen von Schwachstellen.
Auch gilt es, einen Plan für den Ernstfall parat zu haben: Denn es ist entscheiden, vorab konkrete Handlungsschritte und Verantwortlichkeiten bei einem Angriff zu definieren. Dazu gehört die Eindämmung und Entschärfung der Schadsoftware, ein Plan für die Wiederherstellung betroffener Ressourcen und die Wiederaufnahme des Betriebs. Anschließend müssen die gesammelten Daten genutzt werden, um aus dem Vorfall für zukünftige Angriffe zu lernen.
Nicht Nachsorge, sondern versichern
Auch den Abschluss einer Cyberversicherung sollten Verantwortliche in den Organisationen in Erwägung ziehen. Denn kein Schutz vor Cyberangriffen ist absolut unüberwindbar, und ein Restrisiko bleibt. Sollten raffinierte Angreifer mit neuartigen Taktiken Erfolg haben, bietet eine Cyberversicherung ein finanzielles Auffangnetz. Zusätzlich liefert sie gegebenenfalls durch Partner auch technische Unterstützungsleistungen im Falle eines erfolgreich durchgeführten Cyberangriffs. Außerdem muss jedes Unternehmen vor Abschluss eines Vertrages einige Sicherheitskontrollen durchlaufen und bestimmte Sicherheitsmaßnahmen nachweisen. Dies ist gegebenenfalls auch ein wertvolles Feedback für Unternehmen, um die aktuelle Strategie zu evaluieren und die allgemeine Sicherheitslage zu verbessern.
Staat und Wirtschaft: zusammen gegen die gemeinsamen Angreifer
Am schwierigsten, aber nichtsdestotrotz am wichtigsten, ist die Zusammenarbeit von staatlichen Institutionen, großen Organisationen und Unternehmen in puncto Cyberbedrohung. Denn das Sammeln von Daten und deren Analyse ist nur dann effizient, wenn alle Faktoren berücksichtigt werden und die betroffenen ihre Informationen miteinander teilen. Zu diesem Ergebnis kamen auch die Teilnehmenden des letztjährige NATO-Gipfels. Die damals beschlossene Gründung einer Cyber Rapid Response Capability zur Bündelung nationaler Ressourcen zur Cyberabwehr ist ein bedeutender Schritt in diese Richtung. Letztlich ist aber jedes Unternehmen für die eigene Cybersicherheit verantwortlich. Der Glaube, dass staatliche Organisationen die Abwehr von Cyberangriffen übernehmen, wird ein frommer Wunsch bleiben.
Fazit: Cyberschutz muss sich ständig weiterentwickeln, denn Hacker tun es auf jeden Fall
Die aktuelle Bedrohungslandschaft und die zunehmenden geopolitischen Spannungen erhöhen den Druck auf Verantwortliche in Organisationen, Investitionsentscheidungen für die Cybersicherheit zu treffen. In einer vernetzten Welt ist Cybersicherheit die Grundlage für ein funktionierendes wirtschaftliches, gesellschaftliches und soziales Leben mit einer verlässlichen Versorgungsinfrastruktur für Strom, Nahrung und Wasser. Eine umfassende IT-Sicherheitsstrategie und die ständige Überprüfung und Weiterentwicklung der Security-Maßnahmen sind somit ein Muss. Denn die möglichen Folgen eines Verzichts sind keine Option.
Über den Autor: Dr. Sebastian Schmerl ist Director Security Services EMEA bei Arctic Wolf.
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