Smart-Border-Systeme Smarte Grenzen für mehr Reisekomfort und Sicherheit

Redakteur: Peter Schmitz

Stetige Fortschritte im Feld der Biometrie und der damit einhergehenden zunehmenden Anwendung von elektronischen Reisepässen, Blockchain- und Single Token-Technologie ermöglichen automatisierte Grenzabfertigungssysteme die trotz reduziertem Risikopotenzial den Reisenden mehr Komfort bieten.

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Zwischen einem möglichst undurchlässigen Sicherheitsmanagement und der Vereinfachung von Grenzen einen Mittelweg zu finden, ist ein schwieriger Balanceakt.
Zwischen einem möglichst undurchlässigen Sicherheitsmanagement und der Vereinfachung von Grenzen einen Mittelweg zu finden, ist ein schwieriger Balanceakt.
(Bild: Pixabay / CC0 )

Die Luftfahrtindustrie nutzt die neuen Entwicklungen in der automatisierten Grenzabfertigung, um den Identifizierungsprozess der Passagiere zu beschleunigen und weiterzuentwickeln. Ein technologischer Aspekt dieser Entwicklung beschäftigt seit geraumer Zeit auch die Politik maßgeblich. Mit Verabschiedung der PNR-Richtlinie müssen die EU-Mitgliedstaaten bis Ende Mai 2018 einen systematischen Ansatz für die Nutzung von Fluggastdatensätzen – sogenannten Passenger Name Record-Daten – umsetzen. Die EU-Kommission plant darüber hinaus, das bestehende System um ein Ein- und Ausreiseregister (EES) und ein Reisegenehmigungssystem (ETIAS) zu erweitern. So soll die Sicherheit an den Grenzen der Europäischen Union vor dem Hintergrund des stetig steigenden Reiseaufkommens und der aktuellen Migrationslage gestärkt werden.

Doch die effiziente Umsetzung dieses Sicherheitskonzepts erfordert eine ganze Reihe von Werkzeugen, die nicht zuletzt eine erweiterte Risikobewertung bieten und effizientere Grenzkontrollen ermöglichen. Es stellt sich die verständliche Frage, warum Passagiere, die ein geringes Risiko darstellen, nicht selbstständig abfertigen dürfen, damit der Grenzschutz das Hauptaugenmerk auf Reisende mit einem höheren oder gar sehr hohen Risikofaktor legen kann. Nach einer Studie von SITA helfen automatisierte Schalter wie Passport Control Kiosks an den Grenzübertrittbereichen der Flughäfen den immer stärker wachsenden Andrang an Reisenden zu kanalisieren und entlasten damit das Grenzschutzpersonal. Sie müssen sich nicht mehr mit der Prüfung von Reisedokumenten und der Identifizierung jedes einzelnen Reisenden befassen und können sie ihren Fokus verstärkt auf potentiell kritische Fälle legen.

PNR als erster Schritt zu mehr Datensicherheit

Für die "Grenzkontrolle der Zukunft" sind modernes Identitätsmanagement auf Basis von fälschungssicheren elektronischen Dokumenten und innovativen biometrischen Technologien elementare Grundvoraussetzungen. In einem PNR-Datensatz werden etwa alle Daten und Vorgänge rund um eine Flugbuchung umfassend elektronisch aufgezeichnet und über einen gewissen Zeitraum auch nach Ende der Reise in den jeweiligen computergestützten Reservierungssystemen gespeichert. Die Archivierung all der darin enthaltenen Informationen über einen Fluggast soll der Vermeidung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität dienen.

Auf diese Weise wird der bereits bestehende Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch ein neues Instrument ergänzt. Zukünftig können die Fluggastdaten von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten überprüft und unter engen Voraussetzungen ausgetauscht werden. Die Grundsätze der Privatsphäre und der Verhältnismäßigkeit gilt es dabei umfassend zu respektieren. Eine schwierige Aufgabe, die sowohl infrastrukturell als auch politisch eine Vereinheitlichung der Datenverarbeitungsprozesse bei den Fluggesellschaften und in den teilnehmenden Ländern erfordert.

„Die Einführung eines PNR-Systems (Passenger-Name-Record-Systems) ist mehr als nur IT, da die Behörden und ihre Agenturen ihre Geschäftsprozesse maßgeblich verändern müssen. Unabdingbar ist die Etablierung eines automatisierten Systems zur Risikobewertung, was sowohl eine „Good Governance“ als auch Projektmanagement erfordert. Vorab ist aber eine detaillierte Ausgestaltung des Systems selbst und der Arbeitsabläufe notwendig, um diese in neue Arbeitsprozesse übersetzen zu können und Verantwortlichkeiten abzustecken. Nach unserer Erfahrung wird eine Einheitslösung nicht ausreichend sein, da sich die systemischen Ablaufprozesse bei den einzelnen Airlines völlig unterschiedlich gestalten. Daher ist es sehr wichtig, die IT-Landschaft der Fluggesellschaften – mit all ihren Herausforderungen und Prozessen – sehr gut zu kennen, konstatiert Matthias Knetsch, Sales Director bei SITA.

Doch es gibt neben dem PNR-System noch eine Reihe weiterer Technologien, die zukünftig das Reisen komfortabler und die Identifizierung potentieller gefährlicher Personen einfacher und transparenter machen wird. Mit dem Smart Path von SITA werden beispielsweise die biometrischen Details jedes Passagiers durch einen Gesichtsscan zu Beginn der Reise erfasst. Die Aufzeichnung wird mit den Reisedokumenten des Passagiers, üblicherweise mit dem Ausweis, abgeglichen und ein sicherer Single Token erstellt. Danach können Passagiere jede Station ihrer Reise – vom Check-In bis zum Boarding oder der Einreisekontrolle – einfach per Gesichtserkennung passieren, ohne ihren Ausweis oder Boardingpass vorzuzeigen. Dabei sind sowohl die biometrischen Daten als auch die Reiseinformationen der Passagiere in einem einzigen digitalen Datensatz erfasst. Da mehrere Formalia in einem Schritt erledigt werden können, reduziert sich der Zeitaufwand für den Abfertigungsprozess immens. Die Vorteile des Single Travel Token für Passagiere sind folglich enorm: Zeitersparnis, mehr Sicherheit, höherer Komfort, nahtloses Ineinandergreifen von Prozessen.

Mit Blockchain-Technologie mehr Transparenz in der Luftfahrt

SITA forscht im Rahmens seines ‚Identity Management Community Innovation‘-Programms an der Weiterentwicklung der Blockchain-Technologie. Die Fähigkeit der Technologie ein Register fälschungssicherer Transaktionen zu erstellen, ist dabei entscheidend. So können verschiedene Stakeholder auf die relevanten Informationen zugreifen und der Schutz der persönlichen Daten der Passagiere bleibt bewahrt. Bei einer globalen Nutzung des bereits beschriebenen Single-Travel-Token werden sämtliche Transaktionen zur Erfassung, Verschlüsselung und Speicherung biometrischer Daten von Passagieren – und all ihre Gate- und Grenztransaktionen – aufgezeichnet und als Blockchain gespeichert. Dieses Vorgehen ermöglicht eine unabhängige Prüfung der Daten, sichert deren Integrität und schützt gleichzeitig die Privatsphäre der Passagiere.

Fazit

Diese Fülle an neuen Technologien bilden die Grundlage für eine komplette Neuorganisation des Flughafenbetriebs und haben das Potenzial, Reisen für Fluggäste in Zukunft einfacher, bequemer und insbesondere sicherer zu machen. Gleichzeitig haben nationale Autoritäten, die für einen reibungslosen Ablauf an den Grenzen verantwortlich sind, die Möglichkeit, auf sicherheitsrelevante Daten zuzugreifen und sie entsprechend zu überprüfen. Ein nachhaltiger Fortschritt also für alle Beteiligten.

Über den Autor: Matthias Knetsch ist Sales Director bei SITA.

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