Studie: Spezielle „Robotergesetze“ sind unnötig

Redakteur: Jürgen Schreier

Autonome Roboter, künstliche Intelligenz und selbstfahrende Automobile tangieren auch das Recht. Eine neue Studie der Universität Passau zeigt, dass es zwar im Detail Regelungsbedarf gibt, spezielle „Robotergesetze“ aber nicht erforderlich sind.

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Eine rechtlich wichtige Unterscheidung: Dient die Kamera an der Drohne zur Überwachung der Umwelt oder wird mit ihr lediglich das ordnungsgemäße Funktionieren der Drohne überwacht?
Eine rechtlich wichtige Unterscheidung: Dient die Kamera an der Drohne zur Überwachung der Umwelt oder wird mit ihr lediglich das ordnungsgemäße Funktionieren der Drohne überwacht?
(Bild: Pixabay / CC0 )

Automatisierte Systeme, wie zum Beispiel selbständig agierende Roboter, Assistenz- und Fahrsysteme in Autos oder intelligente Software, halten zunehmend Einzug in unser Leben. Angesichts der Fortschritte bei künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen wird ihr Einsatz noch weiter zunehmen – das wirft auch rechtliche Fragen auf.

Eine neue Studie der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hat ergeben, dass spezielle „Robotergesetze“ gegenwärtig nicht erforderlich und deshalb auch nicht zu empfehlen sind. „Die Studie bestätigt damit, was der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft in seinen aktuellen Handlungsempfehlungen formuliert hat“, erklärt vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

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Die vbw-Studie, die von Prof. Dr. Dirk Heckmann (Universität Passau) erstellt wurde, untersucht, inwieweit das geltende Recht imstande ist, das technisch Mögliche und seine Folgen im Hinblick auf intelligente Objekte wie beispielsweise Roboter oder Drohnen zutreffend abzubilden. Der Fokus liegt dabei auf Datenschutz, Datensicherheit und Haftungsfragen. Regelungsbedarf besteht - allerdings eher punktuell.

Schutz personenbezogener Daten: Bringt die EU-DSGVO die Lösung?

Grundsätzlich ist die Automatisierung von IT-Systemen nur durch den Einsatz von Sensortechnik sowie durch Algorithmen möglich, die die Sensorinformationen verarbeiten, möglich. Allerdings betreffen diese Informationen nicht nur sachbezogene Informationen über das Umfeld des automatisierten Systems, sondern auch personenbezogene oder beziehbare Informationen über in der Nähe befindliche Personen. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen oder beziehbaren Informationen unterliegt nach dem deutschen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) einem "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt".

Danach ist eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen oder -beziehbaren Daten nur zulässig, wenn entweder eine Einwilligung der betroffenen Person oder aber ein gesetzlicher Rechtfertigungstatbestand vorliegt. Fraglich ist demnach, inwiefern das BDSG den für den Betrieb von automatisierten Systemen notwendigen Datenumgang bereits heute schon berücksichtigt und gestattet. Zukünftig spielt hier außerdem die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) eine entscheidende Rolle, die in weiten Bereichen das nationale BDSG ablösen wird.

Ein umfassendes IT-Sicherheitsrecht gibt es nicht

In Deutschland existiert bislang kein einheitliches und umfassendes IT-Sicherheitsrecht. Auch das „Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme" (IT-Sicherheitsgesetz) trifft nur stellenweise Bestimmungen zur adäquaten Absicherung von IT-Systemen für insbesondere die Betreiber kritischer Infrastrukturen.

Im Rahmen der Informationssicherheit als Teilgebiet der IT-Sicherheit bleibt daher meist nur ein Rückgriff auf § 9 BDSG in Verbindung mit dem Sicherheitskatalog in der Anlage zum BDSG, der grobe IT-Sicherheitszielsetzungen enthält. Insbesondere das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) stellt aber auch umfangreiche organisatorische, technische, personelle und infrastrukturelle Handlungsempfehlungen zur Steigerung der IT-Sicherheit bereit (insbesondere die IT-14 Einführung). Zukünftig wird auch im Rahmen der IT-Sicherheit die ab 2018 verpflichtende Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) zu beachten sein, die stellenweise auch IT-sicherheitsrechtliche Bestimmungen enthält.

Im Rahmen der Funktionssicherheit, als weiteres Teilgebiet der IT-Sicherheit, ist dagegen auf das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) mit seinen Produktsicherheitsverordnungen (ProdSV) sowie auf zahlreiche weitere DIN-, EN-, ISO- und IEC-Richtlinien zurückzugreifen.

Der Hersteller ist verstärkt in der Pflicht

Werden bei dem Einsatz automatisierter IT-Systeme Personen verletzt oder Sachen beschädigt, stellt sich anschließend stets die Haftungsfrage. Neben spezifischen Haftungsnormen aus dem Straßenverkehrsrecht, dem Luftverkehrsrecht oder dem Datenschutzrecht muss dabei stets auch das allgemeine Vertragsrecht sowie das Deliktsrecht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Betracht gezogen werden.

Neben der eigentlichen deliktischen Haftung kommt darüber hinaus auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht, wenn eine Strafrechtsnorm des StGB und mithin ein sog. Schutzgesetz verletzt wurde. Gerade bei automatisierten Systemen, bei denen die späteren Handlungsabläufe bereits zum Zeitpunkt der Systementwicklung und –programmierung vorgegeben werden, könnte weiterhin auch der Produkthersteller nach dem Produkthaftungsgesetz verpflichtet sein, entstandene Schäden zu ersetzen.

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Denn da mit zunehmendem Automatisierungsgrad eine menschliche Steuerung immer weiter zurücktritt, wird die Ursache eines schadensauslösenden Ereignisses zukünftig vermehrt auf den Hersteller zurückzuführen sein. Oft werden gar mehrere Haftungsadressaten in Frage kommen, etwa sowohl der Halter, als auch der Hersteller des automatisierten Systems. Es stellt sich dann die Frage, wie zwischen den verschiedenen Adressaten eine billige und adäquate Haftungsverteilung vorgenommen werden kann.

Gesetzeslücken schließen, ohne Fortschritt zu behindern

„Ziel muss sein, Hemmnisse für die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien aufzuspüren und zu beseitigen – sonst droht die Gefahr, dass Innovationen anderswo zur Marktreife entwickelt und eingesetzt werden. Andererseits gilt es aber auch zu prüfen, ob Regelungslücken bestehen, die es etwa zum Schutz der Anwender zu schließen gilt“, sagt Brossardt. „Die Chancen der neuen Technologien sind groß und die Risiken nach bisherigem Stand beherrschbar. In vielen Bereichen bergen die Neuentwicklungen sogar das Potenzial, eine Gefährdung für Menschen und Sachen im Vergleich zum Status Quo zu verringern“, so der vbw-Hauptgeschäftsführer. Er betont, dass man weiterhin die technologische Entwicklung positiv begleiten und die Rechtsanwendung aufmerksam beobachten muss, um etwaigen Handlungsbedarf frühzeitig zu erkennen.

Net.Law.S-Konferenz geht in die zweite Runde

Rechtsfragen im Zusammenhang mit IoT/Industrie 4.0, Smart Mobility und E-Health stehen auch im Mittelpunkt der Net.Law.S-Konferenz, die am 20. und 21. Februar 2018 im Messezentrum Nürnberg in die "zweite Runde" geht. Die Vorbereitungen für 2018 sind in vollem Gange und das Kongressprogramm ist in der Entstehungsphase.

Die Net.Law.S-Konferenz wendet sich an beratend tätige und spezialisierte Kanzleien in den Segmenten von Net.Law.S, Fachanwälten und Inhouse-Anwälten für gewerblichen Rechtsschutz, Arbeitsrecht, Vertrags-, Kartell-, Verkehrs- und Medizinrecht. Darüber hinaus bietet Net.Law.S fachlichen Input für Datenschützer, Entscheider sowie Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, Politiker, Religionsvertreter und Wissenschaftler, produzierende Unternehmen aus den Bereichen Industrie 4.0, E-Health, Smart Mobility sowie alle, die sich professionell mit rechtlichen Aspekten und Fragestellungen rund um diese Themen auseinandersetzen.

Download der vbw-Studie

Die Studie "Datenschutz, IT-Sicherheit und Haftung bei automatisierten Systemen" der Universität Passau steht unter www.vbw-bayern.de/studie_automatisierte_systeme zum Download bereit.

Dieser Beitrag stammt von unserem Schwesterportal Industry-of-Things.de.

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