„Digitalisierungsindex Mittelstand“ zeigt Defizite und Chancen auf Telekom sieht Zukunft als agile(r) Mittelständler
Der digitale Wandel fordert die Betriebe unabhängig von ihrer Größenordnung heraus. Was das konkret bedeutet, zeigt eine aktuelle Studie, die die Telekom gestern in Berlin vorstellte.
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Die deutsche Industrie befindet sich auf anhaltendem Erfolgskurs. Angetrieben wird diese Entwicklung von mittelständisch geprägten Unternehmen, die sich hierzulande auch als stabiler Jobmotor erweisen. Warum also sollten sich erfolgsverwöhnte deutsche Vorstände gerade jetzt intensiver mit der Digitalisierung beschäftigen?
Bekanntlich ist das Bessere immer der Feind des Guten, wie sich an der wechselvollen Geschichte des früher so erfolgreichen Mobilfunkunternehmens Nokia ablesen lässt. Dass sich derartige Erfolgsgeschichten eben nicht automatisch in die Zukunft verlagern, das wissen auch deutsche Player wie die Telekom. Der Telekommunikationskonzern gab sich anlässlich der Vorstellung einer neuen Studie in Berlin ungewohnt selbstkritisch. Man habe einige innovative Entwicklungen wie jene von WhatsApp verschlafen, weil man sich zu sehr in gewohnten Denkrastern bewegt habe.
Das neue Credo
Das neue Credo: Wer sich als Unternehmenslenker lediglich auf den Lorbeeren aus der Vergangenheit ausruht, den bestraft früher oder später das Leben mit Wettbewerbsnachteilen. Der Wandel in Richtung digitaler Geschäftsmodelle erfordert somit neue berufliche Fähigkeiten – nicht nur, um mit der technischen Entwicklung der Transformation Schritt zu halten, sondern auch, um gegenüber neu aufkommenden Wettbewerbern nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Wie der Mittelstand sich im Spannungsfeld dieser digitalen Wachstumsagenda zu positionieren gedenkt, darüber erteilt die aktuelle repräsentative Telekom-Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand“ Auskunft, die in Zusammenarbeit mit dem Analystenhaus Techconsult erstellt wurde. Befragt worden sind darin mehr als 1.000 kleine und mittelständische Unternehmen aller Branchen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass der Mittelstand mit der Digitalisierung schon deutlich weiter ist als vielfach angenommen wird“, betont Hagen Rickmann, Geschäftsführer Geschäftskunden der Telekom Deutschland. Als zentrales Erfolgsrezept für die mittelständischen Unternehmen hat Rickmann die hohe Bereitschaft der Firmenchefs ausgemacht, neue Herausforderungen anzunehmen und sich diesen flexibel anzupassen. „Die Geschwindigkeit hat deutlich zugenommen, wenn etwa das Unternehmen über Big Data mit dem Tischlermeister redet.“
Mehr Kundennähe und ein besseres Produkterlebnis gelobt aber auch der Konzern selbst. Etwa demonstrativ durch eine intensive Partnerschaft mit der Klitschko Management Group. Ziel: die Telekom stärker am bodenständigen Puls der mittelständischen Wirtschaft und Industrie zu verorten.
Als Markenbotschafter und Werbeträger setzt das Unternehmen in diesem Kontext auf den früheren Boxweltmeister Dr. Wladimir Klitschko, der neben einem Studiengang an der Universität St. Gallen das von ihm entwickelte methodische Rüstzeug zum „Challenge Management“ in die Partnerschaft einsteuert. Siehe dazu auch den Kommentar: Was den digitalen Wandel [fast] mit einem Boxkampf verbindet im Kasten zu diesem Beitrag.
Die Dynamik des Wandels unterstreiche die frühzeitige Automatisierung der vom Mittelstand geprägten produzierenden Industrie, so die Telekom. Gerade sie gilt als die Leitbranche in der Digitalisierung, während andere Branchen hierzulande, wie der Handel und Bau, beim digitalen Umbau noch deutlich zurückblieben. Auch die Globalisierung hätten die meisten Unternehmen bislang erfolgreich gemeistert, so Rickmann weiter. Für die Erfolgreichen stelle der Bruch mit der analogen Welt somit lediglich eine – wenn auch mit hoher Geschwindigkeit ablaufende – weitere Etappe der Veränderung dar.
Unterschiedlicher Reifegrad
Die Studienergebnisse im Detail: Zwar ergibt sich je nach Branche und Unternehmensgröße ein unterschiedliches Umsetzungstempo, doch fast drei Viertel (72 Prozent) der befragten Unternehmen bewerten die Digitalisierung als bedeutend für ihre Firma und Branche. Nahezu die Hälfte (46 Prozent) realisieren bereits einzelne Transformationsprojekte, 27 Prozent haben eine übergreifende Digitalisierungsstrategie. Den mittelständischen Unternehmen sind die Vorteile bekannt: 53 Prozent versprechen sich mehr Innovationskraft, 54 Prozent wollen sich neue Kunden und Märkte erschließen.
Die Studie zeigt aber auch, dass es noch diverse Barrieren und Hemmnisse gibt. So befürchten 41 Prozent der Befragten hohe Investitionskosten; 36 Prozent sorgen sich wegen zusätzlicher IT-Sicherheitsrisiken. „Schon das Thema Investitionskosten macht Entscheidungen rund um die Digitalisierung zur Chefsache. Zudem wird der Geschäftserfolg künftig immer stärker mit dem Umsetzungsgrad korrelieren. Daher müssen Geschäftsführer die Treiber sein“, betont Rickmann.
So zeigt sich im Index bei den Top-Digitalisierern schon jetzt ein deutlicher Zusammenhang zwischen Transformation und Profitabilität. In 63 Prozent der befragten Betriebe ist die Digitalisierung Chefsache, als starker Treiber agiert – vor allem in größeren Unternehmen – zudem die IT-Abteilung (44 Prozent). Marketing und Vertrieb werden von jeweils 15 Prozent der Befragten genannt.
Kunde steht im Mittelpunkt
Mit der digitalen Transformation wollen die Unternehmen laut der Studie in erster Linie die Kundenbeziehung verbessern (51 Punkte), die Produktivität steigern (49 Punkte) und Absatz und Service optimieren. Mit neuen digitalen Angeboten und Geschäftsmodellen können sich mittelständische Unternehmen zusätzliche Märkte und Kunden erschließen (46 Punkte).
Der Index zeigt auch: Viele Unternehmen legen einen Fokus auf das Thema IT-Sicherheit und Datenschutz und erreichen hier im Mittel 63 Punkte. Rickmann: „Dieses Sicherheitsbewusstsein sollte der Mittelstand zu seinem Gütesiegel entwickeln, um damit ‚Qualität made in Germany‘ weiter aufzuwerten.“
Lesetipp: Kostenlose Selbstanalyse für Unternehmen
Der Gesamtstudienbericht sowie die Branchenteilberichte stehen auf der Telekom-Website Digitalisierungsindex zum Download bereit. Zudem können Unternehmen dort mit einem kostenlosen Online-Self-Check in wenigen Minuten ihren persönlichen digitalen Status quo ermitteln. Der Self-Check erlaubt zudem den Wettbewerbsvergleich mit Unternehmen derselben Größe und Branche.
Über den Autor
Lothar Lochmaier ist freier Fach- und Wirtschaftsjournalist in Berlin.
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