AWS eröffnet Cloud-Standort in Deutschland

Amazon Web Services bezieht zwei Rechenzentren in Frankfurt

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Kärcher in der AWS-Cloud

Seit drei Jahren verantwortet Professor Dr. Matthias Mehrtens, Vice President bei der Alfred Kärcher GmbH & Co. KG und Honorarprofessor, die Datenverarbeitung des Unternehmens. Damals setzte das Unternehmen ein komplettes Strategiepaket auf, das sich etwa mit der Fertigungstiefe befasste, aber auch mit der IT. Heraus kam, so Mertens, dass PC Wartung auf auch die gesamte IT-Infrastruktur „nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens“ gehörte.

Matthias Mehrtens, der IT-Chef von Kärcher, schließt nicht mehr aus, dass jegliche IT des Unternehmens in die Private AWS-Cloud wandert.
Matthias Mehrtens, der IT-Chef von Kärcher, schließt nicht mehr aus, dass jegliche IT des Unternehmens in die Private AWS-Cloud wandert.
(Bild: Kärcher)

Er korrigiert sich aber sofort: „Eigentlich ging es darum, dass die IT immer stärker zum Wachstumsverhinderer wurde. Auch Outsourcing verändert nichts an diesem Flaschenhals; denn die Prozesse, um IT aufzusetzen und zu betreiben, bleiben dabei unverändert.“ Die IT hinkt dem schnellen geschäftlichen Wachstum stets hinterher.

Letztlich entschied sich der Konzern dennoch, einen Outsourcing-Partner für das „SAP-Geschäft“ und die PC-Wartung zu suchen und einen anderen Teil des IT-Betriebs, den Web-Betrieb, in die AWS-Cloud auszulagern. „Das AWS-Angebot war damals, 2012, noch nicht für unseren SAP-Betrieb geeignet“, erläutert Mehrtens.Dennoch fiel die Entscheidung zugunsten einer Nutzung des AWS-Angebots, und zwar aufgrund einer Consulting-Partnerschaft. Der Berater empfahl diese Dienstleitung.

Die Cloud bedeutet Transparenz und schnelles Wachstum

„Die ersten Erfahrungen waren sehr positiv“, erläutert der Professor und lobt etwa die Kostentransparenz der AWS-Dienstleistung. „„Ich bekomme diese aufgeschlüsselt, zum Beispiel nach Servern, Anwendungen und den 60 Landesgesellschaften.“ So stockte Mehrtens nach und nach den Umfang der ausgelagerten IT auf. „Eine risikoarme Skalierung“ nennt er das.

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Anwender gründen die deutsche AWS Enterprise User Group

Weltweit hat AWS mittlerweile hunderttausende Kunden in 190 Ländern. Nun, am 21.Oktober 2014, wurde in München im Beisein von Andy Jassy, Senior Vice President bei Amazon Web Services (AWS), die deutsche AWS Enterprise User Group gegründet.

Die Gruppe wird künftig gemeinsam Kundenanforderungen aus dem Enterprise-Bereich definieren, bündeln und an AWS kommunizieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem führende Unternehmen wie Axel Springer, Burda, Kärcher, Merck sowie die Software AG, SAP, Siemens und Talanx.

Die Unternehmen der Enterprise User Group stehen für den Test neuer Services und Features zur Verfügung. Außerdem werden die Gruppenmitglieder untereinander Best Practices diskutieren und austauschen, um so die Adaption der AWS-Plattform in ihren Organisationen weiter zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Derzeit belegt Kärcher 130 Server in abgeschotteten Cages der AWS-Rechenzentren. Die dedizierten, angemieteten Server stehen in Dublin, Tokio, Singapur, Sydney und New York. In die Cloud kommen maschinennahe Daten, Bildmaterial und dessen Verarbeitung.

Auch eine neue Anwendung hat Kärcher mithilfe von AWS aufgebaut: Die im professionellen Umfeld genutzten Reinigungsmaschinen sind mit RFID-Tags ausgestattet. Somit können die Maschinen per M2M-Kommunikation (M2M = machine to machine) und dem Telekommunikationspartner Vodafone, Status- und Wartungsinformationen direkt an eine Analyse-Anwendung übermitteln. Über ein Kundenportal können die Reinigungsfirmen die Informationen abgreifen und so etwa frühzeitig Verschleißteile und Reinigungsmittel ersetzen.

Maschinendaten und sensible Informationen

Bei Kundendaten oder personenbezogenen Daten ganz allgemein, ist Kärcher sehr zurückhaltend. Doch das könnte sich mit den Verfügbarkeitszonen in Deutschland ändern. Die SAP-Anwendungen sollen hier mit dem „nächsten Vertragszyklus“ zentralisiert laufen.

Da das Risiko von Datenverlust und -beschädigung ungleich höher ist als bei den bisher in die private Cloud verlagerten Anwendungen und Daten, ist der Professor gleich einmal zum Gründungsmitglied der deutschen AWS-User-Gruppe geworden (siehe: Kasten). Andere Anwendungen etwa im CAD-Umfeld bleiben dezentral bleiben verteilt, etwa die, die keine Latenzen vertragen.

Ziel sei es, so der Vice President, alle eigene und im Outsourcing-befindliche IT-Infrastruktur „abzuschmelzen“, bis auf die Telefonanlage und die produktionsnahen Rechner. Das geht nicht sofort und auf einmal, zumal noch Fragen zu klären sind wie: Was passiert dann mit der angeschafften Infrastruktur, etwa in den angemieteten Cages?

Eine Frage der Einsparungen sei das Cloud-Computing für Kärcher nicht, sagt Mehrtens, obwohl das Unternehmen derzeit tatsächlich durch die Services spare. Es betont „Wir haben ein Wachstumsproblem. Die Cloud bringt mit ihren Start-und Stopp-Diensten Flexibilität und Geschwindigkeit. Wir würden lieber ein paar Euro mehr zahlen, als den Hemmschuh IT in Kauf zu nehmen.“

Martin Geier, der hiesige Managing Director bei AWS: „Kunden sagen uns: Wir hätten nicht gewusst, in welchem Maße unser neues Produkt ankommt und dementsprechend nicht, wie viel Infrastruktur wir hätten kaufen müssen.“
Martin Geier, der hiesige Managing Director bei AWS: „Kunden sagen uns: Wir hätten nicht gewusst, in welchem Maße unser neues Produkt ankommt und dementsprechend nicht, wie viel Infrastruktur wir hätten kaufen müssen.“
( ©DerbyPhotography)

AWS-Erwartungen

Solche Aussagen dürfte den AWS-Chef in Deutschland freuen. Immerhin habe der Konzern hier „substantielle Investitionen“ getätigt, sagt er, in wirklich große Rechenzentren. Der Ausbau in China und Australien habe jedenfalls einen enormen Nachfrageschub zur Folge gehabt.

So sucht das Unternehmen für sein Team in Europa Account Manager, Solution Architects, Mitarbeitern im technischen Support. Amazon betreibt in Deutschland, Rumänien und den Niederlanden Entwicklungszentren, in denen an künftigen Technologien für das AWS-Business gearbeitet wird.

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