Security Awareness Trainings Gamification ist nicht nur ein Spiel

Ein Gastbeitrag von Christian Laber Lesedauer: 5 min

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Wie können wir die Art und Weise verändern, wie Inhalte gelernt werden und welchen Wert hat Gamification dabei als eine Stellschraube? Manch ein Spötter behauptet an dieser Stelle, dass erst eine globale Krise, wie die Covid-19-Pandemie passieren musste, damit hier ein Umdenken stattfinden konnte. In diesem Artikel geht es über die Wichtigkeit von Gamification beim Lernen.

Spielen ist nicht nur für Kinder gut! Betriebliche Weiterbildungen und darunter E-Learning funktionieren in Verbindung mit Serious Games viel besser.
Spielen ist nicht nur für Kinder gut! Betriebliche Weiterbildungen und darunter E-Learning funktionieren in Verbindung mit Serious Games viel besser.
(Bild: dusanpetkovic1 - stock.adobe.com)

Die Eingangsfrage spiegelt verschiedene Eindrücke und Empfindungen wider, welche viele Menschen in der Pandemie, gerade mit Blick auf den Bildungsbereich erlangt haben. Corona hat mit unserer Art und Weise, wie wir Mitarbeitenden in Unternehmen Dinge beibringen, komplett aufgeräumt. Vielen Fachleuten und Institutionen ist es nicht gelungen, Lernprozesse und Formate zu entwickeln und anzubieten, um Menschen in diesen unsicheren, schwierigen Zeiten eine gezielte Weiterbildung ermöglichen - egal ob es um IT-Security, Betriebsunterweisungen oder fachbezogene Schulungen ging. Aber welche Rolle spielt Gamification in dieser Gemengelage? Die Antwort: Eine sehr große. Die Corona-Pandemie hat vor allem eine Vielzahl an zusätzlichen Stressoren mit sich gebracht. Plötzlich saßen viele Angestellte mit ihrem Notebook zu Hause – zum Beispiel am Küchentisch zusammen mit der ebenfalls berufstätigen Partnerin oder dem Partner und im Nebenraum waren die Kinder mit Homeschooling beschäftigt. In diesen Situationen ist kein hundertprozentiger Fokus auf die Arbeit möglich und manchmal auch aussichtslos.

In diesem Szenario blieben betriebliche Weiterbildungen unverändert: Es gab das gleiche Learning Management System, die gleiche User Experience der Plattform und vor allem aber die gleichen Trainingsformate - es blieb alles so wie vor der Pandemie. Immer noch stehen in den Lernplänen 50-minütige „Klickschlachten“ zur EU-Datenschutzgrundverordnung mit einem langen Abschlusstest. Dabei hat die Pandemie gezeigt, dass es Lernformate braucht, die ohne Stress auskommen, weil es schon genug Stressoren gibt.

Zugegeben, die Arbeitsplatz-Situation vieler Angestellter hat sich mittlerweile wieder entspannt. Einige Mitarbeitende arbeiten aber weiterhin vermehrt von zuhause aus. Damit entsteht eine neue Realität der Lernenden, an denen sich neue Formate orientieren müssen – auch um Stressoren zu begegnen und um Lerninhalte bedarfsgerecht zu vermitteln.

Wie muss ein solches Format aussehen und was muss es leisten?

Um diese Frage zu beantworten, schauen wir zunächst auf die evolutionäre Entwicklung des Menschen. Von Grund auf sind wir auf der Suche nach neuen Impulsen und neuen Informationen, um zu überleben. Daher ist Neugier die wahrscheinlich wichtigste Charaktereigenschaft des Menschen. Diese entsteht, wenn wir neue Informationen wahr- oder aufnehmen. Dabei entstehen neue Synapsenverbindungen und das neuronale Netzwerk wird erweitert. Hierdurch bildet sich der Botenstoff Dopamin und dieser sorgt für die Informationsübertragung zwischen Gehirn und dem restlichen Körper und helfen dem Gehirn, das Gelernte besser zu verarbeiten. Motivation, Lernen und vor allem die Stimmung wird von diesen Botenstoffen beeinflusst. Diesen Ansatz macht sich E-Learning grundsätzlich zu Nutze - wir lernen prinzipiell immer etwas.

Dies führt zu der durchaus ketzerischen Frage: Warum schafft es Lernen eigentlich nicht, uns süchtig zu machen? Viele Leser*innen denken jetzt an ihre Schulzeit. Eine Erklärung lautet: Die Schule kommuniziert nicht wie essenziell das Lernen für den Menschen eigentlich ist und sie holt die Schülerschaft emotional nicht ab Entscheidender ist aber: Der Stoff wird in der falschen Art und Weise vermittelt, zum Beispiel Frontalunterricht und wenig Fokus auf die Anwendung des Gelernten. Damit wir uns wohlfühlen, braucht es Inhalte, die Spaß und neugierig machen. Das gilt nicht nur für die Schule, sondern auch für berufliche Fortbildungen.

Bei der Phrase „Lernen muss Spaß machen“ nutzt, liegt der Begriff „Gamification“ nahe. Das hat einen guten Grund: Spiele machen sich generell Neugierde zu Nutze. Inhalte werden nicht nur ansprechend dargestellt, sondern auch sinnvoll in aufeinander aufbauenden Leveln aufgeteilt. Die Spieler*innen erlernen im spielerischen Kontext neue Fähigkeiten, das regt die Neugierde immens an. Und diese neuen Fähigkeiten sind entscheidend, um im Spiel weiterzukommen. Das füttert unsere Neugierde umso mehr.

Gerade Serious Games machen sich das zu Nutze: So lässt sich ein komplexes Themengebiet wie beispielsweise IT-Sicherheit mit einer Geschichte mit Charakteren und interaktiver Gestaltung in ein gamifiziertes Training umwandeln. Anders gesagt: Ein Serious Game.

Diese Gleichung ist bewusst vereinfacht, sie soll aber dennoch eines verdeutlichen: Es ist nicht schwer, ein Serious Game zu konzipieren. Erstaunlich also, dass dieses Format noch nicht in der Hülle und Fülle auf dem Markt zu finden ist, wie es der Blick auf diesen Artikel vermuten lässt.

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Was sich in der Theorie so gut und richtig anhört, findet aber auch in Studien seine Bestätigung. Eine Studie stammt vom Schulpsychologischen Dienstes des Kantons Zug in der Schweiz. Dabei wurden ein klassisches E-Learning-Format ohne Gamification-Anteil und ein Serious Game in Bezug auf die Abschlussquote und die Lerneffektivität miteinander verglichen. Die Abschlussquote beim klassischen E-Learning lag bei 25 Prozent und beim Serious Game - bei gleichem Inhalt - bei insgesamt 90 Prozent. Der Vergleich einer zweiten Kennziffer ist in meinen Augen aber noch viel frappierender: Die Lerneffektivität, also das im Nachgang noch abrufbare Wissen, lag beim klassischen Format bei gerade mal 10 Prozent. Aber 90 Prozent des Inhaltes konnte die Testgruppe eines Serious Games im Nachgang noch wiedergeben.

Bei weitem ist das nicht die einzige Studie, welche die vorab in diesem Beitrag aufgeführten Vorteile von Serious Games belegt: Traci Sitzman hatte in ihrer Studie „A meta-analytic examination of the instrucional effectiveness of computer-based simulation games“ im Jahr 2011 eine recht ähnliche Erhebung veröffentlicht. Dabei hat sie ebenfalls klassische E-Learning- bzw. Trainingsformate („traditionelles Lernen“) mit Game-based-Learning-Formaten in verschiedenen Kategorien miteinander verglichen. Im Ergebnis konnte sie beim Game-based-Learning ein um 11 Prozent gesteigertes konzeptionelles Wissen, ein um 20 Prozent gesteigertes Selbstvertrauen in die erworbenen, neuen Fähigkeiten, ein um 90 Prozent gesteigertes Erinnern an Inhalte und eine um tatsächlich 300 Prozent gestiegene Menge an abgeschlossenen Aufgaben messen – im Vergleich zu traditionellen Methoden.

Um die vollumfängliche positive Wirkung von Gamification aufzuzeigen ist es ratsam, nicht nur den prozentualen Zuwachs von (Transfer-) Wissen aufzuzeigen. Es ist darüber hinaus fast wichtiger, den Zusammenhang zwischen Gamification, bzw. gamifizierten Formaten, und den grundlegenden menschlichen Motivatoren aufzuzeigen. Sailer und andere Forscher stellten den positiven Bezug verschiedener Gamification-Elemente zur „selfdetermination Theory“ (kurz: SDT-Modell) her. Die SDT ist das zentrale Modell, wenn es darum geht menschliche Motivation und dessen Entstehen zu erläutern. Dabei wird angeführt, dass insgesamt drei universelle psychologische Grundbedürfnisse unser menschliches Handeln prägen: Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit. Werden ein oder mehrere dieser drei Bedürfnisse angesprochen, wird das jeweilige Verhalten gefördert. Demnach motivieren Gamification-Elemente das Nutzerverhalten, indem ein oder mehrere der Grundbedürfnisse befriedigt werden. Kurzum: Gamification nutzt die Grundbedürfnisse des Menschen. Dadurch fördern gamifizierte Formate nach die (Teilnehmer-) Motivation enorm.

Alles in allem sind dies imposante Zahlen und Anwendungsbereiche, die in ihrer Gesamtheit vor allem aber eines belegen: Betriebliche Weiterbildungen und darunter E-Learning funktionieren in Verbindung mit Serious Games viel besser. Mitarbeitende lernen motivierter und behalten das Wissen besser. Wer immer schon Probleme damit hatte, wichtige Informationen und Inhalte an die Belegschaft zu bringen, sollte es gegebenenfalls einmal mit einem Serious Game probieren. Denn: Serious Games sind weit mehr als nur ein Spiel!

Über den Autor:Christian Laber ist Head of E-Learning Development bei G DATA CyberDefense. Er verantwortet die Inhalte der Security Awareness Trainings und die Weiterentwicklung der bestehenden Kurse auf der unternehmenseigenen E-Learning-Plattform. Zudem ist er mit der inhaltlichen und technischen Konzeption neuer innovativer Trainingsformen sowie Kurse betraut.

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