Alte Masche mit neuen Dimensionen Ausgefeilter Spam – Rechtsanwalt als Opfer von Identitätsmissbrauch
Dieser Tage kursiert eine E-Mail im Internet, die dem Empfänger ein laufendes Ermittlungsverfahren wegen Urheberrechtsverletzung vorgaukeln soll. Ein alter Hut, mögen sensibilisierte E-Mail-Nutzer sagen – doch in diesem Falle ist die Mail in nahezu perfektem Juristen-Deutsch formuliert und missbraucht den Namen eines echten Rechtsanwalts.
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Rechtsanwalt Florian Giese ist Spezialist für Rechtsschutz und Urheberrecht, Medienrecht und Internetrecht – und damit aktuell ein willkommenes Opfer von Identitäts-Missbrauch (Identity Hijacking): Über die E-Mail-Adressen giese@rechtsanwalt-giese.info und zahlung@rechtsanwalt-giese.info versenden Spam-Autoren derzeit fingierte E-Mails zu scheinbaren Urheberrechtsverletzungen.
In einer Mitteilung auf der Kanzlei-Website nimmt Florian Giese Abstand von den E-Mails und weist darauf hin, dass er nicht der Inhaber der entsprechenden Domains ist. Eine Whois-Abfrage durch Security-Insider.de lief ins Leere, da der eigentliche Inhaber offensichtlich durch den niederländischen Dienst privacyprotect.org geschützt wird.
Betreffzeilen wie „Ermittlungsverfahren 230 Js 413/10 Sta Stuttgart“ sollen Mail-Empfänger dazu veranlassen, die Spam-Nachricht zu öffnen. Das Bemerkenswerte im Falle der aktuellen Spam-Kampagne: die gefälschten E-Mails sind in nahezu perfektem Deutsch verfasst. „In obiger Angelegenheit zeigen wir die anwaltliche Vertretung und Interessenwahrung der Firma Videorama GmbH, Munchener Str. 63, 45145 Essen, an.“, heißt es. „Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus im sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerk begangene Urheberrechtsverletzung an Werken unseres Mandanten.“
Die vorliegende E-Mail legt nahe, dass die Spam-Versender den Text entweder einem „legitimen“ Abmahnschreiben entnommen haben oder über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen. Bei genauem Hinsehen fällt allerdings auf, dass der Autor weder das ß (ausschliesslich, aussergerichtlich) noch Umlaute (geschutzte, loesen) verwendet: „Unser Mandant ist Inhaber der ausschliesslichen Nutzungs- und Verwertungsrechte im Sinne der §§ 15ff UrhG bzw. § 31 UrhG an diesen Werken, bei denen es sich um geschutzte Werke nach § 2 Abs 1 Nr. 1 UrhG handelt.“
Abgesehen davon, dass ein seriöser Anwalt die Regressansprüche ohnehin auf dem klassischen Postwege geltend machen wird, sollte man als aufmerksamer E-Mail-Empfänger schon bei der Begrüßung stutzig werden. Hier wurde statt einer persönlichen Anrede nur die unpersönliche Grußformel „Guten Tag“ gewählt – ein gutes Indiz für Spam.
Empfänger entsprechender Nachrichten sollten diese umgehend löschen. Eine Weiterleitung an die betroffene Kanzlei oder öffentliche Stellen ist nicht notwendig, da die Kanzlei bereits Strafanzeige erstattet und die Kriminalpolizei Hamburg eingeschaltet hat. „Beweismittel sind hier ausreichend vorhanden“, heißt es auf der Website. „Bitte sehen Sie von Telefonanrufen ab.“
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