NRW-Datenschutzbericht Rüffel für die Sicherheitsbehörden

Quelle: dpa

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In ihrem Jahresbericht legt sich die neue Chef-Datenschützerin des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) mit Polizei und Staatsanwaltschaft an und kritisiert Verstöße gegen den Datenschutz.

Im vergangenen Jahr wurde laut Gayk auf 1.840 Datenpannen hingewiesen
Im vergangenen Jahr wurde laut Gayk auf 1.840 Datenpannen hingewiesen
(© Zerbor - stock.adobe.com)

In ihrem neuen Jahresbericht kritisiert die NRW-Datenschutzbeauftragte Bettina Gayk Polizei und Staatsanwaltschaften. So habe die Polizei bei ihren Ermittlungen gegen mutmaßliche rechtsextreme Netzwerke in den eigenen Reihen sämtliche Telefonnummern aus den Mobiltelefonen der Verdächtigen an über 20 Sicherheitsbehörden übermittelt.

Dies seien mehr als 12.500 Rufnummern mit den entsprechenden Anschlussinhabern gewesen, gegen die meist keinerlei Verdacht bestanden habe, heißt es in dem 130 Seiten starken Bericht an den Landtag.

Dies sei weder zulässig noch verhältnismäßig gewesen, kritisiert die Datenschutzbeauftragte Bettina Gayk. Ohne vorherige Auswertung der Chat-Daten hätten Ermittlungsansätze überhaupt nicht erkannt werden können. Der Datenabgleich „ins Blaue hinein“ habe solche Ermittlungsansätze erst zutage fördern sollen.

Es sei zwar richtig und wichtig, gegen rechtsextreme Netzwerke vorzugehen, der legitime Zweck müsse aber auch mit legitimen Mitteln verfolgt werden.

Palantir-Gotham

Auch mit der Polizei-Meta-Datenbank-Software „Palantir-Gotham“ geht Gayk ins Gericht. Zwar habe das NRW-Innenministerium zahlreiche Anstrengungen unternommen, diese Bündelung von Polizei-Datenbanken datenschutzkonform zu gestalten, dennoch brauche es für den Einsatz ein eigenes Gesetz, eine parlamentarische Legitimation, heißt es im Bericht.

Der Gesetzgeber, nicht die Polizei, müsse entscheiden, welche Straftaten schwer genug seien, um die Zweckbindung der einzelnen Datenbanken aufzuheben und damit auch Daten nicht straffällig gewordener Personen einzubinden. Die Software werte nämlich etwa auch Daten von Anrufern bei der Notrufnummer 110 und von Zeugen aus.

Inzwischen habe der Landtag zwar ein entsprechendes Gesetz beschlossen, das den Einsatz zulässt, ergänzte Gayk am Mittwoch. „Ich hatte mich allerdings für einen engeren Anwendungsrahmen ausgesprochen, als er nun gesetzlich zugelassen wurde.“

Strafverfahren

Auch die Staatsanwaltschaften bekamen von der Datenschützerin ihr Fett weg: Die Rückmeldungen der Staatsanwaltschaften an die Polizei, wie die Strafverfahren ausgegangen seien, seien lückenhaft. Sie seien aber wichtig: Von der Rückmeldung hänge ab, ob die Daten weiter gespeichert werden dürften.

Eine Stichprobe ergab: Von 24 Strafverfahren sei in 21 eine Rückmeldung erforderlich gewesen, in 5 Fällen aber nicht erfolgt. Dies sei immerhin fast ein Viertel der geprüften Vorgänge.

Lernplattform Padlet

Die Lernplattform Padlet lädt ist beim pandemiebedingten Homeschooling zwar sehr beliebt geworden und das Land habe ihren Einsatz zeitweise unterstützt, aber datenschutzrechtlich werde sie den Anforderungen nicht gerecht. Das Unternehmen transferiere in unklarem Ausmaß Daten in die USA. Solche Datenübermittlungen in Drittstaaten seien problematisch.

Man habe das Schulministerium darauf hingewiesen. Die Schulen sind inzwischen aufgefordert, Padlet nicht zu verwenden. Inzwischen stünden auch datenschutzfreundliche Alternativen zur Verfügung, etwa die Lernplattform Logineo.

Kinderfotos

Auch Einzelpersonen können es mit der Datenschutzbehörde zu tun bekommen, so etwa eine Düsseldorfer Influencerin, die Fotos ihrer minderjährigen Kinder zu Geschäftszwecken im Internet vermarktete. Man habe die Influencerin nachdrücklich auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Kinder hingewiesen, so Gayk.

Angesichts der kaum kontrollierbaren Weiterverbreitung der Fotos im Internet bestehe die Gefahr einer Nutzung durch Pädophile oder für Cybermobbing. Die bestehende Rechtslage sei lückenhaft: Soweit Eltern wirtschaftliche Interessen verfolgten auf Kosten ihrer Kinder, sollte der Gesetzgeber den Schutz der Kinder nachbessern.

Richter haben Rechte

Auch Richter haben Persönlichkeitsrechte: Wer einen Richter im Internet mit vollem Namen angreife, ihm unbelegt Willkür, Rechtsmissbrauch, Urkundenfälschung und Rechtsbeugung vorwerfe, der könne sich nicht mehr auf die Meinungsfreiheit berufen. Die Löschung der Internetbeiträge sei angeordnet worden, das Verfahren aber noch nicht beendet.

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Im vergangenen Jahr seien 6.850 Beschwerden bei ihrer Behörde eingegangen, hieß es von Gayk. Zudem sei auf 1.840 Datenpannen hingewiesen worden.

Zur Person

Bettina Gayk

Wechsel beim Landesdatenschutz

Bettina Gayk, neue Datenschutzbeauftragte in NRW
(Bildquelle: Landtag NRW, Bernd Schaelte)

Bettina Gayk wurde am 19. Mai 2022 vom Landtag einstimmig zur neuen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen gewählt. Ihre Vorgängerin Helga Block ist in den Ruhestand eingetreten. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit wird jeweils auf die Dauer von acht Jahren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Seit 2012 ist Bettina Gayk im nordrhein-westfälischen Innenministerium tätig. Als Referatsleiterin verantwortete sie zuletzt den Brand-, Katastrophen- und Zivilschutz und war stellvertretende Abteilungsleiterin.

27. Bericht zum Datenschutz in NRW

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