Digitale Fabrik „Secure Island“ statt Sicherheitsrisiko
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Siemens bietet schon heute unterschiedlichste Lösungen auf die Anforderungen von Industrie 4.0: Von der digitalen Produktentwicklung und dem Engineering über industrielle Kommunikation bis hin zur Cybersecurity. Anton Huber, CEO der Division Digital Factory, erklärt im Interview, wo ein Umdenken erforderlich ist und warum nicht alles vernetzt sein muss.

In einer digitalen, smarten Fabrik wird die Bedeutung der Software – sowohl als Desktop- als auch als Embedded Software – deutlich steigen. Kann man das heute schon in Zahlen fassen, Herr Huber?
Anton Huber: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In meiner Division arbeiten 8000 Beschäftigte in der Forschung und Entwicklung, 90 % von ihnen entwickeln Software. Das zeigt Ihnen schon, wie groß der Einfluss der Software in der Wertschöpfung ist.
In den USA ist man hier noch weiter ...
Huber: Grundsätzlich ist die Dynamik im Softwaregeschäft viel höher als im Hardwaregeschäft. Es gibt zwischen den USA und Deutschland einen deutlichen Mentalitätsunterschied: In Deutschland glaubt man, vermutlich abgeleitet von der Dynamik des Hardwaregeschäfts, man hätte viel mehr Zeit. In den USA sagen sich Unternehmen: „Wenn ich nächstes Jahr nicht führend bin, habe ich bereits verloren.“
Müssen also die deutschen Politiker und Industrieunternehmen schneller in ihren Entscheidungen werden?
Huber: Ja, sie werden auf alle Fälle schneller werden müssen. Es gibt heute bereits viele Softwarewerkzeuge, die für die Beschleunigung der Kern-Wertschöpfungsprozesse in der Industrie zur Verfügung stehen, aber sie werden noch nicht in der notwendigen Breite eingesetzt. Es geht in erster Linie also nicht um die Entwicklung neuer, sagen wir Industrie-4.0-spezifischer Softwareprodukte, sondern darum, zunächst die bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten vollumfänglich zu nutzen, um in Richtung eines Industrie-4.0-Unternehmens vorwärtszukommen.
Doch wie soll das funktionieren?
Huber: Es existiert die weitverbreitete Meinung, dass IT-Budgets in Industrieunternehmen bei durchschnittlich 3 % des Umsatzes im richtigen Kostenrahmen liegen – auch daran muss sich etwas verändern. Wenn ein Großteil der Wertschöpfung eines Unternehmens digital durchgeführt werden soll, dann muss man eben entsprechend in die technische IT investieren. Aus historischen Gründen werden die IT-Budgets in vielen Unternehmen von den Finanzabteilungen verwaltet, weil von dort aus die Entwicklung der Unternehmens-IT für ERP und Verwaltungsprogramme begonnen hat. Der IT-Bedarf bei Produktion und Entwicklung wird aus dieser Warte eher als exotisch eingestuft. Doch dort entstehen die überwiegenden Kosten eines Unternehmens und deshalb wird sich hier ebenfalls etwas ändern müssen. Ich schätze, langfristig muss ein Unternehmen mindestens den gleichen Anteil, also weitere 2 bis 3 % vom Umsatz, für die durchgehende Digitalisierung seiner Haupt-Wertschöpfungsprozesse ausgeben. Der dadurch sich ergebende Produktivitätsvorteil wird eine solche Investition allemal rechtfertigen. Im Grunde geht es hier in erster Linie um die Lösung eines Henne-Ei-Problems.
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