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Cloud-Sicherheit ist Trumpf
Aber wer hätte das vor Kurzem noch gedacht: Auf die Frage, warum sich der Nachzügler SAP rosige Aussichten auf das Cloud-Geschäft ausmalt, zückt McDermott die Security-Karte aus dem Ärmel. In einem Interview mit Reuters vom Juli dieses Jahres teilte er seine Beobachtung mit, dass Unternehmen immer kritischere Fragen nach der Security und Verschlüsselung in der Cloud stellten, die gerade die kleineren Anbieter in Bedrängnis bringen würden.
Er gehe davon aus, dass sie über kurz oder lang Schwierigkeiten am Markt bekämen. Und tatsächlich, wer die Marketing-Kampagnen der SAP in den letzten Monaten aufmerksam beobachtet hat, wird so viele C-Level-taugliche Security-Botschaften vernommen haben, wie nie zuvor. Was einst höchstens als Randthema auf Entwickler-Konferenzen diskutiert wurde, wird jetzt mit aller PR- und Marketing-Power vermarktet.
Speziell für Zielgruppe der CIOs sind in diesem Jahr mehrere Guides entwickelt worden, die sich voll und ganz dem Thema Sicherheit widmen. Aufwändig gestaltete virtuelle Rundgänge durch SAP Datenzentren sowie spektakuläre Vorträge hochrangiger SAP-Manager ("Security is in our DNA") werben unentwegt um das Vertrauen der Kunden in die SAP-Cloud.
SAP soll als der Cloud-Anbieter positioniert werden, der nicht nur das umfangreichste und am besten integrierte Produktportfolio hat, sondern auch das sicherste. Denn Sicherheit, das ist immer noch der große Hemmschuh, wenn es um Investitionen in die Cloud geht. Es ist abzusehen, dass auch der Wettbewerb in puncto Cloud-Sicherheit nachlegen wird. Daher ist es besonders wichtig, fortschrittliche Security-Konzepte anbieten zu können. Aber woher sollen die kommen?
Für die etablierten Anbieter von Geschäftsanwendungen stellt die Cloud noch Neuland dar. Ihre Systeme und Anwendungen liefen und laufen bislang hauptsächlich hinter der Firewall, und selbst da sind sie nur deshalb einigermaßen geschützt, weil sie eine Art Exoten-Bonus genießen. Der Aufwand für den Durchschnitts-Hacker ist relativ hoch, sich nach Erklimmen der Firewall noch in proprietäre Programmier- und Anwendungssysteme einzuhacken, um an die kritischen Daten zu gelangen. Der Aufwand wird aber umso geringer, je mehr Anwendungen und Daten in die Cloud wandern.
Keine Security in der DNA
ERP-Anbieter wie SAP und Oracle verweisen zurecht darauf, dass ihre größten Unternehmenskunden aus allen Branchen ihre Anwendungen seit Jahren sicher betreiben. Nur geht diese Sicherheit zum großen Teil auf unabhängige und spezialisierte Security-Firmen zurück, die sich ein Geschäftsmodell in einer Nische aufgebaut haben, die von den Anbietern bislang stiefmütterlich „ausgespart" wurde.
Von einer „Security in der DNA“ kann wahrlich nicht die Rede sein. Der Blick in die Sicherheitshistorie der SAP zum Beispiel zeigt: Ein Großteil der Schwachstellen wird seit Jahren von Dritten aufgedeckt. „Ohne die Arbeit von unabhängigen Security-Forschern wären allein im letzten Jahr mehr als die Hälfte aller Sicherheitslücken unentdeckt geblieben“, sagt Andreas Wiegenstein von der Heidelberger Firma Virtual Forge.
Sein Arbeitgeber hat sich seit über zehn Jahren ganz auf die Absicherung von SAP-Anwendungen und Systemlandschaften spezialisiert. Finanziert wird die Arbeit der Sicherheitsforscher durch den Verkauf von Security-Lösungen und -Dienstleistungen, in denen die unabhängigen Security-Anbieter all ihr Security-Know-How stecken, das sie im Rahmen ihrer Forschung und Praxis über die Jahre erarbeitet haben.
Vor diesem Hintergrund muss der Sicherheitsanspruch der in die Cloud drängenden Anbieter von Unternehmenssoftware neu überprüft werden. Security in der Cloud kann nicht nur als Lippenbekenntnis im Marketing bestehen bleiben, sondern muss sich erst noch durch eine exzellente Sicherheitspraxis seitens der Anbieter erproben und bewahrheiten. Die Zukunft wird erst noch zeigen, wie gut die Anbieter mit dieser Verantwortung umzugehen wissen. Ein einziger erfolgreicher Hack in der Cloud kann schließlich die Existenz ganzer Unternehmen bedrohen.
* Jannis Blume ist als Berater für Virtual Forge tätig.
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