Videoüberwachung durch Bodycams Ritterschlag für die Körperkamera

Autor Susanne Ehneß

Die Länder rüsten ihre Polizisten sukzessive mit Bodycams aus und müssen die Bedenken der Datenschutzbeauftragten ausräumen. Nun hat der Bundesrat für die Bundespolizei den Einsatz der ­mobilen Video­technik gebilligt.

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Videoüberwachung durch Polizisten hat sich durchgesetzt
Videoüberwachung durch Polizisten hat sich durchgesetzt
(Bild: HMDIS)

Bundespolizisten werden künftig mit Bodycams ausgestattet. Der Bundesrat hat ein entsprechendes Gesetz genehmigt. Durch den Einsatz der Kameras, die am Ober­körper befestigt sind, soll die Verfolgung von Straftaten erleichtert werden, zudem hofft man auf abschreckende Wirkung bei Gewaltdelikten gegen Polizeibeamte.

Im entsprechenden Gesetz mit dem sperrigen Titel „Gesetz zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik“ heißt es dazu:

Im Einzelnen ist vorgesehen,

  • Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten die Möglichkeit zu eröffnen, körpernahe mobile Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte („Bodycams“) zu tragen. Voraussetzung hierfür soll sein, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Erfordernis zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder Eigentum oder zur Verfolgung von Straftaten beziehungsweise Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung besteht;
  • der Bundespolizei zu ermöglichen, im öffentlichen Verkehrsraum vorübergehend die Kennzeichen von Fahrzeugen ohne Wissen der Person durch den Einsatz technischer Mittel automatisiert zu erheben, um die Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und bei der Strafverfolgung zu verbessern;
  • der Bundespolizei die Befugnis einzuräumen, die bei den Einsatzleitungen eingehenden Telefonate aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen sollen allerdings ­sofort und spurenlos gelöscht werden, sobald diese nicht mehr für die Aufgabenerfüllung benötigt werden – spätestens jedoch nach 30 Tagen.

Datenschutz gibt Kontra

Der Einsatz von Bodycams wird heiß diskutiert, gerade die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer sind alarmiert. Durch die Videoaufzeichnung soll das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt sein, zudem wird der präventive Charakter angezweifelt.

In Niedersachsen lief bis Ende März der Testbetrieb, doch das Bundesland musste sich im Vorfeld massiv mit dem Datenschutz auseinandersetzen. Im Dezember 2016 hatte Innenminister Boris Pistorius den Startschuss für das Bodycam-Projekt gegeben. „Es ist (...) unsere Pflicht, die Polizei mit allen Mitteln zu schützen“, begründete Pistorius den Einsatz der Kameras. „Die neue Technik wird im Rahmen des Pilotprojekts in allen Flächenbehörden Niedersachsens, auf Weihnachtsmärkten genauso wie bei Verkehrskontrollen eingesetzt werden“, erläuterte der Minister. Erfahrungen aus anderen Bundesländern hätten gezeigt, dass Bodycams zur Deeskalation beitragen. Die Landesbeauftragte für Datenschutz sei „im Vorfeld an der Pilotierung beteiligt“.

Doch genau hier liegt die Krux. Die Datenschutzbeauftragte, Barbara Thiel, hat ihr Veto eingelegt. Der Datenschutz sei im Vorfeld nicht beteiligt gewesen, zudem sei der Einsatz von Bodycams rechtswidrig. Dem widersprach das Innenministerium – daraufhin beanstandete Thiel im Februar 2017 den Einsatz der Kameras förmlich.

Gerügt wird zum einen, dass für den Einsatz von Bodycams derzeit jegliche Rechtsgrundlage fehle. „Eine ausdrückliche Befugnisnorm ist zwingend erforderlich, um die Anfertigung von Bildaufnahmen und damit den Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu rechtfertigen“, so Dr. Christoph Lahmann, stellvertretender Landesdatenschutzbeauftragter. Der Einsatz von Körperkameras stelle im Vergleich zu anderen Formen der Videoüberwachung einen besonders schwerwiegenden Grundrechts­eingriff dar, denn die am Körper auf Schulterhöhe getragene Kamera filme direkt in das Gesicht der Betroffenen. Auch die Aufnahme unbeteiligter Dritter sei nicht ausgeschlossen. Zum anderen habe es das Innenministerium unterlassen, die erforderliche „Vorabkontrolle“ zu erstellen – diese dienen der Prüfung, ob bei datenverarbeitenden Maßnahmen eine angemessene Datensicherheit besteht. Sie sind nach dem niedersächsischen Datenschutzgesetz zwingend vorgeschrieben.

Dr. Lahmann betonte: „Wir sind nicht grundsätzlich gegen Bodycams bei der Polizei – die Kameras dürfen aber nicht an Recht und Gesetz vorbei betrieben werden.“ Noch anlässlich der Innenminis­terkonferenz Ende November 2016 habe der niedersächsische Innenminister offenbar selbst die Auffassung vertreten, dass die Rechtsgrundlage fehle. Dem entspreche es, dass der Landtag gegenwärtig einen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Überarbeitung des niedersächsischen Polizeigesetzes berät, der eine ausdrückliche Regelung für den Einsatz von Körperkameras vorsehe. „Erst wenn diese Neuregelung beschlossen wird und in Kraft getreten ist, dürfen die Bodycams eingesetzt werden", so Dr. Lahmann.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es in Niedersachsen und den anderen Bundesländern weitergeht.

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