Im Hype-Zyklus Nerven und einen klaren Kopf behalten 6 Schritte gegen das blinde Vertrauen in den Hype

Von Sascha Giese |

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Gerade im Rahmen der Digitalisierung wird seit geraumer Zeit ständig eine neue Sau durchs Dorf getrieben, um es mal salopp zu sagen. Doch nicht jede als Heiliger Gral angekündigte Technologie und nicht jedes Must-Have-Werkzeug werden ihrer anfänglich anhaftenden Euphorie auch gerecht. Im Hype-Zyklus gilt es also, einen kühlen Kopf zu bewahren und argumentativ die Spreu vom Weizen zu trennen.

Nicht jeder Hype bringt ein Unternehmen weiter.
Nicht jeder Hype bringt ein Unternehmen weiter.
(Bild: © pixs:sell - stock.adobe.com)

Ein Hype kann ähnlich wie ein Virus verlaufen: Plötzlich sollen wir unbedingt einen neuen Film im Kino anschauen. Danach – vielleicht schon, sobald das Licht angeht – werden wir wieder wir selbst und der Virus ist verschwunden.

Manchmal ereilen uns Hypes ganz unbemerkt: Jemand sieht eine Produktdemonstration auf einer Messe und plötzlich springt der Virus über. Die Person beschließt, dass diese neue, aufstrebende Technologie mit einem Mal endlich alle Problemchen im Kundenservice-Management ausbügeln wird und die Führungsetage verlangt daraufhin, dass dieses ganz neue CRM-System eingeführt wird.

Sicher, Technologien sind Werkzeuge, doch Werkzeuge machen uns nicht automatisch zu Innovatoren, nur weil wir sie nutzen. Das vergessen wir schnell einmal, wenn wir den Hype rund um eine Lösung oder Neuentwicklung verinnerlicht haben. Stattdessen zeigen wir oft mit dem Finger auf Unternehmen, die nicht erfolgreich Innovationen schaffen, und bezeichnen einzelne Technologien als unverzichtbar, um einem ähnlichen Schicksal zu entgehen.

Dabei vergessen wir natürlich die lange Liste an fehlgeschlagenen Updates und an neuen Technologien, die in ihrer Entwicklung feststecken. Bain & Company stellte beispielsweise einmal fest, dass lediglich fünf Prozent der Unternehmen, die in digitale Transformationsprozesse involviert sind, sagten, dass sie die Erwartungen erfüllt oder übertroffen haben.

Den Hype-Virus eindämmen

Der Technologie-Hype ist überall. Gartner zeigt mit dem bekannten Gartner Hype Cycle, wie solche Hypes meistens verlaufen. Doch ein Hype kann auch zur Seuche werden, die Unternehmen in den Ruin treiben kann. Technikexperten können ihre Kollegen behutsam von der Klippe des Hypes wegführen. Doch wenn eine vom Hype infizierte Person das Unternehmen führt, müssen diejenigen, die sich verweigern, womöglich um ihren Posten fürchten.

Die folgenden sechs Tipps können als Hype-Schutzimpfung für Unternehmen dienen:

1. Hype-Detektor auf Technologie anwenden

Wenn die Führungsetage eine Technologie in Betracht zieht, über die alle reden, aber die noch niemand verwendet hat, sollte das ein Warnsignal sein. Es spricht zwar nichts dagegen, hier einmal genauer hinzusehen. Doch sobald jemand verlangt, Geld in die Hand zu nehmen, sollte man es lieber der Konkurrenz überlassen, ihr Budget für die vermeintliche Wunderlösung zu verbrennen.

2. Die Zahlen analysieren

Wenn ein Produkt-Upgrade veröffentlicht wurde, ohne dass genaue Kennzahlen angegeben werden, handelt es sich wahrscheinlich um einen Hype. Allgemeinsätze wie „alles wird besser laufen“ sollten skeptisch machen – höchstwahrscheinlich wird das Versprechen nicht erfüllt.

Gibt ein Vertriebsmitarbeiter auf einer Messe an, die Produktivität könne um 10 Prozent erhöht werden, sollte man fragen, wie dies geschieht. Wie kommt die Zahl zustande? Was war das tatsächliche Ergebnis für reale Benutzer? Wenn ein Anbieter sagt, das neue System sei zuverlässiger als zuvor, sollte man fragen, auf welche Weise es zuverlässiger ist – und natürlich, warum das aktuelle System unzuverlässig ist.

3. Tests durchführen

Auch wenn man die benötigten Zahlen erhält, sollte man sich dessen bewusst sein, dass sie nicht unbedingt für jeden zutreffen müssen. Hier lohnt es sich, eigene Tests und Untersuchungen durchzuführen.

Zweifellos erfordert im Technikbereich alles seine Zeit für Anpassungen. Es ist normal, dass anfangs Schwierigkeiten auftreten und nicht alles sofort reibungslos läuft. Doch wenn diese Probleme nicht zu verschwinden scheinen und zu viel Zeit benötigt wird, um sie zu beheben, sollte die Frage gestellt werden, ob das Produkt wirklich einen Mehrwert bietet oder ob man den Versuch an dieser Stelle lieber abbrechen sollte. Auch wenn mehr Zeit als zuvor dafür aufgewendet wird, die Dinge zum Laufen zu bringen, ist das ein schlechtes Zeichen. Und wenn ein Produkt sich negativ auf Kunden auswirkt, sollten die Optionen noch kritischer betrachtet werden.

4. Muss es wirklich der Ferrari sein?

Ist die schicke neue Technologie wirklich nötig oder will in Wirklichkeit gerade jemand einen Ferrari kaufen, nur um damit zum Supermarkt zu fahren? Nicht jede Technologie eignet sich auch für jeden Anwendungsfall. Am Ende sollte immer das gewünschte Geschäftsergebnis bestimmen, in was investiert wird.

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5. Das richtige Timing

Jede Technologie ist irgendwann einmal veraltet. Der Support für Windows 7 wurde gerade eingestellt. Selbst wenn ein Produkt alle genannten Tests besteht, kann es gerade andere Umbrüche geben, die dem Unternehmen Probleme bereiten. Wozu sollte man sich neue Schwierigkeiten aufhalsen, wenn gerade nicht die richtige Zeit dafür ist?

6. Schwierige Gespräche führen

Einer Führungskraft offen zu sagen, dass es ihr an Wissen im Zusammenhang mit einer Technologie mangelt oder auch nur, dass die Technologie der Wahl nicht das Richtige für die IT-Abteilung ist, kann die schwierigste Aufgabe eines IT-Experten sein. Durch hochtechnische Fachbegriffe wird das Gespräch vermutlich nur noch schwieriger.

Stattdessen sollte man ihre Sprache sprechen, die Sprache der Risiken, Gewinne und Verluste. Das Gespräch ist viel erfolgversprechender, wenn man Zahlen dazu parat hat, welchen Schaden es anrichten könnte, die Probleme im neuen System auszubügeln. Ein Beispiel ist Amazon: Wenn die Ladezeit ihrer Website sich nur um eine Sekunde verlangsamt, bedeutet dies potenzielle Vertriebseinbußen von 1,6 Milliarden Dollar im Jahr.

Sascha Giese.
Sascha Giese.
(© SolarWinds)

Es kommt also darauf an, selbst mit Business-Themen vertraut zu sein und die Geschäftssprache fließend zu sprechen, statt anderen die Sprache der Technik beizubringen. Möglicherweise steht man dadurch zwar einen Moment lang als Spielverderber da, aber einen Virus aufzuhalten ist schließlich auch kein Spaß. Nicht nur das Unternehmensbudget, sondern auch die Jobs der Mitarbeiter stehen auf dem Spiel. Es lohnt sich also, Hypes kritisch zu hinterfragen.

Über den Autor

Sascha Giese ist Head Geek bei SolarWinds.

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