Betrugsbekämpfung im Online-Handel Was Unternehmen gegen Online-Betrug tun können

Von Marcos Raiser do Ó

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Online-Händler sind heute einem größeren Betrugsrisiko ausgesetzt als je zuvor. Fast zwei Drittel der Führungskräfte gaben in einer Umfrage für den neuen Fraud-Report von Stripe an, dass es immer schwieriger werde, Online-Betrug zu bekämpfen. Der gleiche Anteil rechnet für dieses Jahr mit mehr betrugsbedingten Verlusten als im Vorjahr. In Anbetracht der wirtschaftlich angespannten Lage ist dies zumindest besorgniserregend.

Die Online-Wirtschaft und die ihr zugrunde liegende Finanzinfrastruktur sind hochkomplex und unterliegen ständigen Risiken, die Unternehmen kennen und beachten müssen.
Die Online-Wirtschaft und die ihr zugrunde liegende Finanzinfrastruktur sind hochkomplex und unterliegen ständigen Risiken, die Unternehmen kennen und beachten müssen.
(Bild: Rido - stock.adobe.com)

Juniper Research zufolge werden die Verluste von Händlern durch Betrug im Online-Zahlungsverkehr zwischen 2023 und 2027 343 Milliarden US-Dollar übersteigen – Geld, das dringend an anderer Stelle benötigt wird. Stripe verarbeitet und analysiert jedes Jahr Milliarden von Zahlungstransaktionen und erkennt neue Betrugsmuster und aktuelle Entwicklungen, wie die folgenden drei Themen:

1. Zunahme von Kartentest-Angriffen

Bei Kartentests beschaffen sich Betrüger Listen mit gestohlenen Kreditkartendaten – durch Phishing, Spyware oder im Darknet. Um zu prüfen, ob diese Karten noch aktiv sind, verwenden sie Botnets, die innerhalb eines kurzen Zeitraums Tausende kleinere Käufe auf Websites tätigen. Dies führt zu einem Anstieg des Datenverkehrs auf den betroffenen Seiten. Die Angriffe können sich negativ auf Unternehmen auswirken, z. B. durch höhere Kosten für die Zahlungsabwicklung, Ausfallrisiken oder dadurch, dass Websites aufgrund des hohen Datenverkehrs lahmgelegt werden. Kartentests haben in letzter Zeit stark zugenommen: Heute sind 40 Prozent mehr Unternehmen von solchen Angriffen betroffen als vor der Pandemie.

2. Der Standort ist entscheidend

Bei Betrug spielt die Geographie eine wichtige Rolle. Unternehmen in Europa hatten im vergangenen Jahr wesentlich niedrigere Betrugsraten als in Nordamerika, was wahrscheinlich auf die „starke Kundenauthentifizierung“ (Strong Customer Authentication, SCA) in Europa zurückzuführen ist. SCA schreibt Unternehmen vor, bei bestimmten Online-Transaktionen eine Zwei-Faktor-Authentifizierung in den Checkout-Prozess zu integrieren. Die Verordnung hat zwar den Aufwand für Nutzer erhöht, aber Betrugsfälle auch wirksam reduziert. Da der Rest der Welt sich oft an den europäischen Vorschriften orientiert, ist davon auszugehen, dass SCA weitere Verbreitung finden wird – mit Zwei-Faktor-Authentifizierung bei Online-Zahlungen und Authentifizierungstools wie 3DS oder CAPTCHAs. Die SCA-Vorschriften in Europa werden zurzeit überarbeitet, sodass sich weitere Änderungen ergeben können.

3. Welche Unternehmen besonders anfällig sind

Stripe hat festgestellt, dass Unternehmen mit Abo-Modellen – insbesondere B2C-Unternehmen – am meisten mit Betrug zu kämpfen haben. Das liegt daran, dass zum Beispiel ein Abonnement für einen Streaming-Dienst schnell und ohne hohen manuellen Aufwand von Betrügern gekauft und weiterverkauft werden kann. Mehr als 75 Prozent der B2C-Unternehmen gaben an, dass im letzten Jahr ihr Aufwand für manuelle Überprüfungen gestiegen sei und sie zusätzliche Ressourcen für die Betrugsbekämpfung einsetzen müssen.

Warum Betrugsbekämpfung schwierig ist

Betrugsbekämpfung steht immer vor einem Dilemma: Strengere Maßstäbe führen zu mehr falsch positiven Betrugswarnungen und damit zu einem schlechteren Kundenerlebnis. Das kann ein Unternehmen viel Geld kosten und seinen Ruf schädigen. Einer bzw. eine von drei Konsumenten gibt an, dass er bzw. sie nicht mehr bei einem Unternehmen einkaufen würde, das eine Zahlung ohne triftigen Grund ablehnt. Die Betrugsrate geringfügig zu verringern, steht daher oft nicht in einem gesunden Verhältnis zu den Umsatzeinbußen durch fälschlicherweise abgelehnte Kunden.

Aus diesem Grund sollte die Strategie zur Betrugsbekämpfung an die Risikobereitschaft des Unternehmens angepasst werden. Je höher die Gewinnspanne, desto weniger sensibler sollte das Modell sein: denn je höher die Marge ist, desto mehr potenzieller Gewinn steht auf dem Spiel.

Machine Learning und Big Data können bei der Optimierung eines Modells zur Betrugserkennung helfen. Dabei ist es hilfreich, einen Zahlungspartner zu haben, der ein Modell mit einer großen Datenmenge trainieren kann. 2021 haben Unternehmen Zahlungen in Höhe von mehr als 640 Milliarden US-Dollar über Stripe abgewickelt. In dieser riesigen Menge an Transaktionen können neue Betrugsmuster und Trends gut erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Das Prinzip ist dasselbe wie bei einem erfahrenen Ladenbesitzer, der gelernt hat, potenzielle Diebe zu erkennen. Der Unterschied zum maschinellen Lernen bei Stripe ist, dass es in einem ganz anderen Maßstab arbeitet. So hat beispielsweise eine einzige Verbesserung der auf Machine Learning basierenden Betrugserkennungssysteme von Stripe im Mai weiteren Betrug in Höhe von schätzungsweise 40 Millionen US-Dollar verhindert. Rund 70 Millionen Dollar an Nutzereinnahmen pro Jahr konnten zurückgewonnen werden. Selbst kleine Änderungen an Algorithmen können für E-Commerce-Unternehmen also enorme Vorteile mit sich bringen.

Was Unternehmen tun können

Machine Learning ist sehr effektiv bei der Betrugsbekämpfung. Unternehmen sollten sich jedoch nicht allein auf ihren Zahlungsanbieter verlassen. Es gibt einige weitere Möglichkeiten, die Auswirkungen von Online-Betrug auf Ihr Unternehmen zu verringern:

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  • Mehr Informationen erfassen: Im Checkout-Prozess sollten mehr relevante Informationen erfasst werden, um die Legitimität eines Kunden besser überprüfen zu können. Insbesondere sollten Verantwortliche darauf achten, den Namen und die E-Mail-Adresse des Kunden oder der Kundin zu erfassen. Diese zusätzlichen Informationen können zu einer besseren Erkennung von Betrug durch maschinelles Lernen führen und liefern mehr Beweise im Streitfall.
  • Zahlungsmethoden erweitern: Die richtige Auswahl an Zahlungsmethoden erhöht die Flexibilität für Kundinnen und Kunden und verringert das Betrugsrisiko. Digitale Wallets wie Apple Pay oder Google Pay erfordern eine zusätzliche Verifizierung der Kundschaft (z. B. durch Biometrie, SMS oder einen Code), um eine Zahlung abzuschließen, was zu weniger Streitfällen führt. Ebenso bieten die meisten Bankabbuchungen eine zusätzliche Sicherheitsebene.
  • Verdächtige Zahlungen manuell prüfen: Wenn Unsicherheiten bestehen, zum Beispiel bei der Überprüfung einer Zahlung, sollte der Kunde oder die Kundin telefonisch oder per E-Mail kontaktiert werden. Falls es sich um einen Betrug handelt, kann die Zahlung zurückerstattet werden. So können potenzielle Streitfälle vermieden werden.

Die Online-Wirtschaft und die ihr zugrunde liegende Finanzinfrastruktur sind hochkomplex. Alle Akteure müssen zusammenarbeiten, um Betrug zu bekämpfen. Unternehmen sollten sich bewusst machen, dass sie ein Teil dieses Ökosystems sind. Sie sollten wachsam bleiben und Betrug keine Chance geben.

Über den Autor: Marcos Raiser do Ó ist Head of DACH and CEE Revenue & Growth bei Stripe.

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