Kritische Infrastrukturen Das IT-Sicherheitsgesetz tritt in Kraft

Redakteur: Peter Schmitz

Am letzten Wochenende ist nach rund sechsmonatigen parlamentarischen Beratungen das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz / IT-SiG) in Kraft getreten.

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Mit Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetz gelten für die Betreiber von Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) neue Pflichten zur Meldung erheblicher IT-Sicherheitsvorfälle und auch die Pflicht für die Erarbeitung und Umsetzung von IT-Mindeststandards in ihrem Bereich.
Mit Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetz gelten für die Betreiber von Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) neue Pflichten zur Meldung erheblicher IT-Sicherheitsvorfälle und auch die Pflicht für die Erarbeitung und Umsetzung von IT-Mindeststandards in ihrem Bereich.
(Bild: Giso Bammel - Fotolia.com)

Für die Betreiber von Kernkraftwerken und Telekommunikationsunternehmen gelten mit dem neuen Gesetz neue Pflichten zur Meldung erheblicher IT-Sicherheitsvorfälle. Für sonstige Betreiber Kritischer Infrastrukturen aus den Bereichen Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen gilt eine entsprechende Meldepflicht nach Inkrafttreten einer das IT-Sicherheitsgesetz konkretisierenden Rechtsverordnung, die zurzeit im Bundesministerium des Innern vorbereitet wird.

Ziel ist es, die beim BSI zusammenlaufenden Informationen über IT-Angriffe auszuwerten und den Betreibern Kritischer Infrastrukturen zur Verbesserung des Schutzes ihrer Infrastrukturen schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. Mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung gilt dann auch die Pflicht für Betreiber Kritischer Infrastrukturen zur Erarbeitung und Umsetzung von IT-Mindeststandards in ihrem Bereich.

Darüber hinaus gibt es auch neue Regelungen für andere Branchen: Für Betreiber von Webservern wie zum Beispiel Online-Shops gelten beispielsweise ab sofort erhöhte Anforderungen an die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz ihrer Kundendaten und der von ihnen genutzten IT-Systeme. Telekommunikations-Unternehmen sind verpflichtet, ihre Kunden zu warnen, wenn ihnen auffällt, dass der Anschluss des Kunden - etwa als Teil eines Bot-Netzes - für IT-Angriffe missbraucht wird. Gleichzeitig sollen sie ihre Kunden auf mögliche Wege zur Beseitigung der Störung hinweisen.

Erweitert werden mit Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetzes außerdem die Befugnisse des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Untersuchung der Sicherheit von IT-Produkten sowie seine Kompetenzen im Bereich der IT-Sicherheit der Bundesverwaltung.

Meinungen zum IT-Sicherheitsgesetz

Bitkom: Der Digitalverband Bitkom sieht die geplanten Sanktionen im IT-Sicherheitsgesetz kritisch. Nach dem jüngsten Entwurf sollen Betreiber kritischer Infrastrukturen wie Energie- und Wasserversorger, wichtige Verkehrsunternehmen oder Teile der Ernährungswirtschaft bis zu 100.000 Euro Strafe zahlen, wenn sie schwerwiegende IT-Sicherheitsvorfälle nicht den Behörden melden oder die geplanten Mindeststandards bei der IT-Sicherheit unterlaufen. „Die Androhung von Strafen macht keinen Sinn, wenn nicht klar ist, wer von dem Gesetz überhaupt betroffen ist, welche Vorfälle gemeldet und welche Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen“, sagte Bitkom-Sicherheitsexperte Marc Bachmann anlässlich der Beratungen im Bundestag. „Das geplante IT-Sicherheitsgesetz ist in diesen Punkten zu unbestimmt.“ Die entsprechenden Regelungen sollen erst im Rahmen einer Rechtsverordnung getroffen werden, was der Bitkom wiederholt kritisiert hat. „Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit, um die Vorgaben erfüllen zu können“, betonte Bachmann. Die Bundesregierung gebe mit der Androhung von Strafen zudem ihre kooperative Haltung auf und setze die Unternehmen unnötig unter Druck.

Positiv wertet der Bitkom hingegen, dass nach dem jüngsten Entwurf künftig auch die Bundesverwaltung unter den Geltungsbereich des Gesetzes fallen soll. Einrichtungen der Regierung und der Verwaltung gehören per Definition zu den kritischen Infrastrukturen. Dass im öffentlichen Sektor höhere Sicherheitsstandards bei der IT-Sicherheit notwendig sind, zeigt aktuell der Hacker-Angriff auf den Bundestag. Unter dem Strich überwiegen für den Bitkom die Vorteile des Gesetzes. Bachmann: „Die Betreiber kritischer Infrastrukturen werden in die Pflicht genommen, den Schutz vor Cyberangriffen zu erhöhen und ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen auf dem neuesten Stand zu halten.“ Das könne mittelfristig das Schutzniveau in der Wirtschaft insgesamt erhöhen.

TeleTrusT: Der TeleTrusT - Bundesverband IT-Sicherheit e.V. begrüßt ausdrücklich, dass der Gesetzgeber einen Vorstoß mit dem Ziel unternommen hat, Defizite in der IT-Sicherheit abzubauen. Fast täglich höre man von Sicherheitsvorfällen in Unternehmen und Behörden, die zeigen dass auch in Deutschland dringender Handlungsbedarf zur Verbesserung der IT-Sicherheit besteht. "In der verabschiedeten Form wird das Gesetz jedoch wenig zur Verbesserung der Sicherheitslage beitragen", sagt Rechtsanwalt Karsten U. Bartels, Leiter der TeleTrusT-AG "Recht" und Mitglied des TeleTrusT-Vorstandes.

Das liege nicht zuletzt daran, dass der Gesetzgeber weder Bewertungskriterien für die sicherheitsrelevanten technischen und organisatorischen Vorkehrungen getroffen, noch sonstige Vorgaben zu Mindestanforderungen aufgestellt habe. Das Verhältnis zum technischen Datenschutz sei ebenfalls unklar, so Bartels. Auch die Ausgestaltung der Meldepflichten von IT-Sicherheitsvorfällen und die Befugnisse des BSI werfen rechtliche und praktische Fragen auf. Die Unternehmen sehen sich vielen unbestimmten gesetzlichen Anforderungen ausgesetzt, die erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringen.

BISG: Stephan Krischke, Leiter des Fachbereichs „IT-Sicherheit“ im Bundesfachverband der IT-Sachverständigen und -Gutachter (BISG) kommentiert dazu: „Die Einhaltung gewisser, der Unternehmensgröße und dem finanziellen Rahmen angepasster IT-Sicherheitsmaßnahmen (wie beispielsweise regelmäßige Datensicherung, angemessener Viren- und Internetschutz, Passwortmanagement, IT-Dokumentation, Umgang mit externen Dienstleistern etc.) sollte für alle Unternehmen verpflichtend sein. Der Fokus liegt dabei auf pragmatischen technischen Lösungen, verbunden mit organisatorischen Schritten, um die Wirksamkeit zu kontrollieren. Dies würde vielen Unternehmen helfen, die IT-Risiken zu minimieren, finanzielle Schäden in Problemsituationen im Griff zu haben und die Abhängigkeit von der IT kontrollierbar zu gestalten. Die Umsetzung solcher grundlegender IT-Maßnahmen würde selbst bei der Einführung neuer Gesetze keine große Aufregung auch innerhalb kleiner Unternehmen erzeugen.“

TÜV Rheinland: „Was im Einzelnen konkret mit welchem personellen und finanziellen Aufwand zu tun ist, hängt stark von der Branche und dem vorherrschenden Sicherheitsstandard im Unternehmen ab. Basis für jegliche Maßnahmen sollte daher eine gründliche Analyse des Ist-Zustands sein“, sagt Ralph Freude, IT-Sicherheitsexperte bei TÜV Rheinland.

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