Eigene Daten online schützen Buchrezension: Die Kunst der Anonymität im Internet von Kevin Mitnick

Autor / Redakteur: Moritz Jäger / Peter Schmitz

Wie kann man seine Privatsphäre bewahren, ohne dass man das Internet komplett abklemmt? Das neue Buch vom berühmt-berüchtigten Hacker und Social Engineer Kevin Mitnick versucht, diese Frage aus einer praktischen Warte heraus anzugehen. Herausgekommen ist ein interessantes Werk, das realistische Szenarien aufzeigt und praktische Tipps gibt, ohne sich zu sehr in technischen Details zu verlieren.

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Kevin Mitnick wirft einen Blick auf die aktuelle Situation der Privatsphäre im Internet und gibt praktische Tipps, wie sich Nutzer effektiv schützen können.
Kevin Mitnick wirft einen Blick auf die aktuelle Situation der Privatsphäre im Internet und gibt praktische Tipps, wie sich Nutzer effektiv schützen können.
(Bild: mitp)

Kevin Mitnick ist wahrscheinlich eine der schillerndsten Figuren im IT-Sicherheitsumfeld. Er war einer der ersten Hacker und Social Engineers, der sich weltweit einen Ruf erarbeitet hat - auch, weil viele die Strafe für seine Hacks zu hart fanden. Seit dem Ende seiner Haft im Jahr 2000 hat sich Mitnick nicht nur als Sicherheits-Consultant einen Namen gemacht, parallel dazu schrieb er mehrere Bücher und tritt als Redner auf.

Die Kunst der Anonymität im Internet” (mitp-Verlag, 24.99 Euro, ISBN: 9783958456358) ist dabei das dritte Buch in seiner “Die Kunst des”-Reihe. Mitnick zielt damit klar auf den aktuellen Zeitgeist. Daten von Internetnutzern werden in einem nie gekannten Ausmaß gesammelt, ausgewertet und analysiert. Zusätzlich erlassen immer mehr Staaten Regeln dazu, welche Informationen wo und wie erhoben, angereichert und getauscht werden können.

Der bekannte Hacker Kevin Mitnick zeigt die Risiken für die Privatsphäre im Internet auf und gibt praktische Schritt-für-Schritt-Anleitungen für mehr Datensicherheit und Anonymität.
Der bekannte Hacker Kevin Mitnick zeigt die Risiken für die Privatsphäre im Internet auf und gibt praktische Schritt-für-Schritt-Anleitungen für mehr Datensicherheit und Anonymität.
(Bild: mitp)

Wie also schützt man sich vor den Datenkraken? In 16 Kapiteln versuchen Mitnick und sein Co-Autor Robert Vamosi dem Leser Tricks und Methoden näher zu bringen. Thematisch beginnt das Buch bei guter Passwort-Hygiene, geht über die Themen Abhören und Verschlüsselung zu den Bereichen wie Tracking per Mausklick und Lokalisierung mittels Geo-Daten in Bildern (man erinnere sich an John McAfee oder Joaquín “El Chapo” Guzman) bis zu den Methoden des FBI und einer Zusammenfassung des Gelernten.

Jedes Kapitel ist dabei in Geschichten eingebettet. Der Autor erklärt anhand eigener Erlebnisse oder Berichten über bekannte Fälle, wie und wo es jeweils an der Sicherheit oder Anonymität haperte. Ein Highlight ist dabei sicher Kapitel 15, “Das FBI kriegt jeden”. Mitnick arbeitet hier den Fall von Ross Ulbricht auf, den verurteilten Administrator des Dark-Web-Portals “Silk Road”. Auch das Kapitel 9, “Sie haben keine Privatsphäre? Finden Sie sich damit ab” hinterlässt einen Eindruck beim Leser. Gerade weil es zeigt, wie ein kleiner Fehler reichen kann, um die eigene Anonymität auszuhebeln und wie viele unterschiedliche Geräte und Dienste eigentlich versuchen, mehr über uns zu erfahren.

Jedes Kapitel enthält praktische Tipps, wie Nutzer sich schützen können. Diese reichen von einfachen Methoden (etwa der Wahl eines starken Kennworts oder der Nutzung von HTTPS) bis hin zu komplexeren Methoden wie dem anonymen Kauf von Bitcoins mittels Prepaid-Kreditkarten um damit dann einen VPN-Zugang zu bezahlen ohne Spuren zu hinterlassen. Der größte Teil liegt vom Anspruch und der Nützlichkeit dazwischen, etwa die Vorschläge, wie man Laptops und digitale Geräte auf Reisen vor neugierigen Kriminellen oder Spionen schützt.

Die Autoren schaffen es im Buch sehr gut, den aktuellen Trend zu IT-Sicherheit aufzugreifen, der etwa durch die TV-Serie Mr Robot und deren realistischen Hacks mitbefeuert wird. Das Buch selbst ist von 2017 und erfreulicherweise sind die Informationen darin alle aktuell. Sprich, es werden keine veralteten Tools empfohlen (Mitnick etwa rät bei der Verschlüsselung zu VeraCrypt oder Bitlocker, nicht mehr TrueCrypt). Auch bei den erwähnten Online-Diensten zeigt sich die Aktualität: Für das Thema sichere E-Mails über Tor rät Mitnick zu den Diensten von Tutanota und Protonmail - beides relativ junge Angebote.

Fazit

Das Buch wirkt auf den ersten Blick fast etwas zu einfach. Doch fängt man mit dem Lesen an, geht Mitnick mit einem Tempo durch die einzelnen Kapitel, die die Zeit schnell verstreichen lassen. Indem er die Themen nicht rein technisch aufbereitet, sondern Geschichten und Anekdoten aus seinem eigenen Leben dazu erzählt, werden die Tipps lebendig. Sie unterscheiden sich so von den vielen “10 Tipps um Online sicher zu sein” oder “5 Tricks für sicheres Online-Banking”. Ist das Buch voll mit neuen Ideen und Methoden? Nein, sicher nicht. Wer sich mit IT-Sicherheit beschäftigt, der kennt viele der vorgestellten Tools und viele Maßnahmen. Es ist aber schön, diese Techniken in einem gut erzählten Zusammenhang zu finden. Persönlich gefielen mir das Kapiteln über Sicherheit bei Reisen sowie das OPSEC-Kapitel “Anonymität ist harte Arbeit” gut. Mitnick wirft einen realistischen Blick darauf, was möglich ist und wie man seine Privatsphäre erhöhen kann - aber er zeigt auch, dass man als Nutzer aktiv werden muss.

Der technische Anspruch des Buchs ist erfreulich niedrig. Damit wird “Die Kunst der Anonymität im Internet” kein dröges Fachbuch, sondern steht deutlich mehr Zielgruppen offen - tatsächlich kann es jeder lesen, der im Internet unterwegs ist und sich etwas für das Thema Sicherheit und Privatsphäre interessiert. Die gute deutsche Übersetzung trägt ebenfalls dazu bei, dass “Die Kunst der Anonymität im Internet” nicht nur für Security-Geeks empfehlenswert ist. Für die 25 Euro bekommt man ein technisch gutes Buch, das interessant zu lesen ist und geschickt Geschichten, Erlebnisse und die harte Realität rund um den Verlust der Privatsphäre vermischt. Das Buch ist im mitp-Verlag erschienen.

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