Cyberbedrohung à la carte Angriffsvarianten im Menü

Von Barbara Miletic

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Bei Cyberbedrohungen herrscht stets Dynamik. Mit geopolitischen Bewegungen und intelligenten Neuerscheinungen erst recht. Lukas Lindner, Manager Systems Engineering bei Fortinet, nennt vier Kernthemen, die man auf dem Schirm haben sollte.

Wiper-Malware, Automatisierung von Geldwäsche, neue Angriffsflächen in Online-Welten: Sie alle stehen auf dem Cybercrime-as-a-Service-Menü.
Wiper-Malware, Automatisierung von Geldwäsche, neue Angriffsflächen in Online-Welten: Sie alle stehen auf dem Cybercrime-as-a-Service-Menü.
(Bild: metamorworks - stock.adobe.com)

Angriffsvarianten finden nicht von heute auf morgen statt, sondern bedürfen langwieriger und zielgerichteter Planung. Einige Cyberbedrohungen sind derzeit bei Angreifern besonders beliebt und quasi „à la carte“ bestellbar.

Spürnasen und Erpresser as Professionals

Zu den größten Einfallstoren gehört nach wie vor Ransomware, bestätigt Lindner. Zudem wird Cybercrime zunehmend als Service angeboten. So wählen die „Auftraggeber“ die Angriffsform quasi à la carte aus und bezahlen den Angreifer für die Dienstleistung dann mit entsprechender Währung oder Bitcoin. Ransomware as a Service wird laut Lindner also eine größere Rolle spielen.

Zu den Top-Serviceangeboten an Angriffen gehört Reconaissance (Aufklärung) as a Service (RaaS). „Man kann sich das so vorstellen, als würden ‚Detektive‘ so viel wie möglich über das Unternehmen herausfinden. Sie suchen beispielsweise nach Strukturen oder Organigrammen“, erklärt Lindner. „Das Ganze passiert dann bei RaaS auf der ‚bösen‘ Seite: Diese Detektive erkunden Schwachstellen, Infrastrukturen, Schemata und schmieden mögliche Angriffspläne. Ein zusammengefasster Bericht geht schließlich an den Auftraggeber.“

Geldwäscherei im Handel

Wenn es um größere Geldmengen oder Transaktionen geht, sind diese in der Regel schwerer nachzuverfolgen. Unheilstifter im Netz nutzen beispielsweise den Launch einer Website und bauen Fallen über Chatbots oder Kontaktmöglichkeiten ein. Ein Pop-up mit „Sie möchten mehr Geld verdienen?“ – und schon wird der unkonzentrierte Nutzer zu einer ungewollten Aktion weitergeleitet. Cyberkriminelle nutzen vermehrt Machine Learning, um solche Fallen und Transaktionen automatisiert zu erstellen – und zu kommerzialisieren. Money Laundering as a Service (LaaS) wird immer mehr zur Herausforderung.

Wiper setzt der Schadsoftware den Superlativ. „Die Daten sind nicht nur verschlüsselt, sondern diese destruktive Art der Malware sorgt dafür, dass die komplette Festplatte, oder zumindest essenzielle Bestandteile wie Boot-Sektoren gelöscht werden. Dabei kann es unter Umständen im Extremfall selbst zu physischen Zerstörungen kommen – die Daten sind unwiderruflich weg“, führt Lindner aus. In Europa nimmt diese Bedrohung zu.

Lukas Lindner
Lukas Lindner
(Bild: Fortinet)

Virtuelle Welten und KI sorgen für mehr Komplexität

Die Bedrohungsszenarien spielen sich nicht nur in der realen Welt ab. Virtuelle Welten gewinnen an Bedeutung – und bieten Angriffsflächen. Auch hier werden Akteure aktiv. „In der realen Welt bin ich bei meinem Gegenüber vorsichtig. Bei einem digitalen Avatar passiert das schnell mal unfreiwillig, dass ich mehr preisgebe, als gedacht“, so Lindner beispielhaft. So können beim Zugang zu solchen Welten mittels Virtual Reality biometrische Daten – etwa durch Linsen-Scans – abgegriffen werden. Diese könnten dann für den Zugang zum Datacenter missbraucht werden. Darüber hinaus verfügen immer mehr Unternehmen über wertvolle, digitale Assets (unter anderem NFTs) oder setzen auf die Nutzung von Krypto-Wallets, welche neue, lohnenswerte Angriffsvektoren mit sich bringen – so Lindner.

Künstliche Intelligenz als „virtueller Mitarbeiter“

Eine neue Herausforderung bringt ChatGPT. „Meistens kommen technologische Neuerungen schleichend. ChatGPT sorgte unübersehbar für einen ‚Big Bang‘, führt Lindner weiter aus. Das liege unter anderem daran, dass es über den B2B-Markt hinweg auch die Neugier im Consumer Markt wecke. Ein Sicherheitsrisiko sei Phishing. „Das Gefährliche bei ChatGPT ist, dass die perfekt grammatikalischen und logischen Antworten den Menschen überzeugen – und auch leicht überlisten. Angreifer schaffen es, dessen Funktionen via Schnittstellen zu automatisieren, in eigene Portale zu integrieren und damit beispielsweise komplette Webseiten täuschend echt für Phishing Zwecke zu faken“, erklärt der Sicherheitsexperte.

Zudem mache ChatGPT die Erstellung und Modifikation von schädlichem Malware SourceCode selbst für den „Laien“ deutlich einfacher. Dadurch könnte die Zahl der Angreifer immens steigen. Wichtig sei laut Experten, die Entwicklung der OpenAI Plattform und den dazugehörigen Chatbot aktiv zu beobachten. Schließlich kann man sich KI auch für Positives zunutze machen und Potenziale schöpfen. Die FortiGuard Labs nutzt sie für die automatisierte Korrelation von Angriffsereignissen mit Hilfe eines echten neuronalen Netzes.

FortiGuard Labs ist Fortinets Threat-Intelligence- und Forschungsschwerpunkt. In einem Team arbeiten Bedrohungs- und Datenforscher, Analysten und Ingenieure international zusammen. Sie versorgen Kunden mit Bedrohungsinformationen und überwachen kontinuierlich weltweite Angriffsflächen. Diese Informationen werden mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) und anderen innovativen Technologien analysiert und verarbeitet.

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